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Wenn
eine neue Saison im kulturellen Leben beginnt, ist man versucht viel Hoffnung zu
haben. Die kulturellen Ereignisse sind werbemäßig vielversprechend angekündigt,
die Theater haben ihre Spielpläne bekannt gegeben, die Konzertveranstalter verkündeten
Programme, Stars und Orchester. Niemand spricht dabei von der Entsorgung der
Altlasten.
Alte
Lasten im Kulturbetrieb? Sollten damit etwa jene mehr oder weniger
ordinären Entsorgungsprobleme gemeint sein? Die gibt es doch gar nicht in Land
der Kunst. Den Künstlern machen ausschließlich ihre Versprechungen für die
Zukunft - wenn überhaupt - Sorgen. Was läßt sich einhalten und wie wird die
Inszenierung, das Konzert, der Auftritt, das Serienspiel gelingen?
Das
Orchestre de Paris wird unter der Leitung von Semyon Bychkov im Zyklus A des
Konzertangebots der Frankfurter Kunstgemeinde am 15. September im Großen Saal
der Alten Oper mit dem 1916 geborenen französischen Komponisten Henri Dutilleux
einen Tonschöpfer unseres Jahrhunderts im Mittelteil seines Konzertes
vorstellen. "Timbre - Espace und Mouvement", ein Werk, das hier _ wenn
die Erinnerung nicht trügt - für Frankfurt erstaufgeführt wird. Fred Goldbeck
schrieb im MGG: "Dutilleux`beste Kompositionen sind bisher eine symphonisch
angelegte Klaviersonate (eine bedeutungsvolle Rückwemdung zur
Beethoven-Liszt-Tradition, und wohl das gewichtigste französische Werk dieser
Art seit Paul Dukas`Sonate) und eine Symphonie Bezeichnend jedoch für
Dutilleux`Stil, Harmonik und kompositorische Verfahrensweise ist eine andere
Wahlverwandtschaft: in seiner Musik findet Roussels Erfolg auf dem Gebiet eines
französisch symphonischen Stiles eine unverkennbare und eigenartige
Fortsetzung." Bei Serge Nigg heißt es noch im Henschel-Konzertbuch 196O zu
den Anfang des Jahrhunderts geborenen französischen Komponisten: "Nur
allzu gern suchen sie weiter nichts als das `Hübsche', und ihr Genießertum
birgt die Gefahr, daß sie sich in Künstelei und Ziererei verzetteln."
Aber Rompreisträger Dutilleux wird zu jenen Talenten gezählt, "die zu
einem neuen Aufschwung der französischen Musik beitragen könnten, wenn es
ihnen gelänge, den Dunstkreis zu durchstoßen, der das Pariser Musikschaffen
umnebelt" und ihm wird dazu die "notwendige schöpferische Kraft"
bescheinigt. Ob nun nach dem `zugewanderten' Franzosen, dem gebürtigen Russen
Strawinsky, dessen Ballettmusik "Der Kuß der Fee" das Konzert
einleitet, der Franzose Dutilleux zu einer Entdeckung des Frankfurter
Konzertpublikums wird?
Zum
Abschluß des Abends mit dem Orchestre de Paris wird sinnigerweise Beethovens
Napoleon gewidmete 3. Sinfonie Es-Dur op. 55 - die "Eroica" gespielt,.
ein Werk, dem die Widmung vom Komponisten entzogen wurde! Doch heute gibt es
keine Ressentiments mehr, die Napoleonischen Siege sind, wie seine Niederlage -
nur noch Bausteine der Geschichte, die in unsere Gegenwart führt. So läßt
sich auch aus der Musik wieder und wieder für die Zukunft lernen. Ein Konzert,
das von interessanter Dramaturgie getragen zwischen Ost und West vermittelt.
Insgesamt eine Programmänderung, die gegenüber Kompositionen von Weber,
Strauss und Rachmaninow, die ursprünglich für dieses erste Konzert der Saison
der Frankfurter Kunstgemeinde für den Zyklus A vorgesehen waren, noch
interessantere Einsichten ermöglicht.
Das
erste Konzert im Zyklus B bringt einen Monat später, am 15. Oktober, den großen
Abend der sogenannten Mozart-Akademie zur Erinnerung an Mozarts Konzert in
Frankfurt am 15. Oktober 1790.
nach
oben
Für das lateinamerikanische Lied sei Atahualpa Yupanqui das, was Pete Seeger, Woody Guthrie und Alan Lomax zusammen für das nordamerikanische Lied bedeuten, meinte Thomas Rothschild in einer hymnischen Besprechung, einer - wie er es selbst titulierte - "Verfallenheits-Adresse"(FR, 25.1.82). Die "Mysterien der Pampa" sind am Südamerikatag, am 3O. September anläßlich der Frankfurt Feste `90 ab 17 Uhr im Mozartsaal der Alten Oper. Dies wird ein Nachmittag und Abend der Superlative. Nach dem Dichter, Komponisten, Gitarristen und Sänger Yupanqui ist ab 19 Uhr im Mozart Saal Mercedes Sosa zu erleben und im Hindemith Saal verneigt sich der Pianist Victor Rodrigues aus Kuba vor dem Russen Tschaikowsky, feiert dessen 150. Geburtstag mit und bringt natürlich bis Lecuona Kompositionen aus Lateinamerika. nach oben
Das ist der Titel für ein neues Tanztheaterprojekt der Company Vivienne Newport. Ehedem mit "Scheissegal" am TAT unter Hahn, mit "Squeeze" im Mousonturm, mit "Beggar's follies" und "Savannah" im Gallus Theater und jetzt vom 24. August bis zum 2. September mit der Ausnahme, daß nicht am 29. und 3O. August im Titania `getanzt`wird. Im neuen Saalbau-Haus "Titania", das längst über Bockenheim hinaus als Adresse für interessante wie anspruchsvolle Veranstaltungen bestens gehandelt wird, wird diese auch von der Saalbau produzierte "Verrücktheit" erfolgreich sein. Tanztheater ist in Frankfurt `in` und wenn die Vivienne Newport Company etwas Neues vorstellt, dann ist auch etwas zu erwarten. Bei dem Projekt "Wind of Madness" ist es mit Leidenschaft gepaartes. Es geht "um die Kräfte, die durch das kleine, unsensationelle `Verrücktsein`freigesetzt werden können - deren Freisetzung den großen, den klinischen Wahnsinn verhindern." Wieder ist vom Tanztheater ein Anspruch erhoben, der in der Umsetzung auf der Bühne waghalsig erscheint. Dies besonders unter der Berücksichtigung, daß wir in Frankfurt inzwischen international mehr oder weniger ruhmvoll abgesichertes Tanztheater kennenlernen konnten. Nun wird fast schon Festspielreife verlangt, doch was ist das...!? "Die darstellerischen Möglichkeiten der Company Vivienne Newport werden in dieser Produktion durch ein Novum erweitert: Erstmals wird die Gruppe mit live-Musikern arbeiten" Dazu wird angekündigt, daß die "Wahnsinns-Energie" der Mitwirkenden über das Tanzen und Spielen hinaus eingesetzt wird "mit ihren darstellerischem Möglichkeiten ein ziemliches Theater zu veranstalten." Werbesprüche haben es zuweilen in sich, doch in diesem Fall dürfte das Geld kaum für einen entsprechenden Werbegangsterspruch gereicht haben. Trotzdem die Ankündigung weckt Neugierde, am 24. August ist Premiere, am 27. liegen frühestens - nimmt man die FAZ-Sonntagszeitung von der Pflicht der frühen Berichterstattung aus, die ersten Resonanzen in der Presse vor. Zeit genug, sich zu orientieren und auf positive oder negative Kritiken "Wind of Madness" in persönlichen Augenschein zu nehmen. Über eventuell doch wohl im Tanztheater unvermeidbar zu verwendende Musik wurde nichts mitgeteilt. Stummfilm...? Theater wie Tanztheater bergen immer noch Geheimnisse! nach oben
Es war einmal ein Sammler, er hieß Ludwig Fischer, lebte von 1860 bis 1922, er war ein Handelsunternehmer in Breslau und zog sich schon 1897 aus dem aktiven Geschäftsleben zurück, übersiedelte mit seiner Frau Rosy (1869-1926) in deren Geburtsstadt Frankfurt am Main. Beide bauten sie von 1905 an eine Kunstsammlung auf, eine Sammlung, in der sie ihre Vision der Welt verwirklicht sahen. Der Sohn Ernst konnte mit einem Teil der Sammlung in die USA emigrieren - wo aber waren die anderen Sammlungsteile verblieben, etwa auf alle Zeiten verschollen, in alle Winde verstreut oder etwa vernichtet? Es wurde geforscht, es wurden Entdeckungen gemacht. Es kam zu einer Rekonstruktion des Lebenswerkes der Sammler Ludwig und Rosy Fischer. Aber das war keine optisch leicht konsumierbare Bilderflut, die beim Betrachten spurenlos an den Menschen vorüberzieht: Kirchner, Nolde, Heckel, Rohlfs, Pechstein u. a. Künstler sind vertreten. Es war eine der bedeutendsten privaten Expressionismus-Sammlungen entstanden. Im Jüdischen Museum wird vom 29. August an bis zum 28. Oktober die Sammlung wie die Persönlichkeit ihrer Gründer nachvollziehbar sein. Zwischen 1905 und 1925 wurden mehr als 500 Gemälde und Graphiken des Expressionismus zusammengetragen. Dann aber brachen in dieses Lebenswerk zuerst Inflation, wenige Jahre später Beschlagnahmungen durch die Nationalsozialisten herein. Es kam zur Emigration der Erben. Was aber blieb von der Sammlung? Das Frankfurter Jüdische Museum wird sich teilweise in ein Kunstmuseum verwandeln. Ein umfangreicher Katalog wird "Die zerschlagene Vision", die `Rekonstruktion der Expressionismus-Sammlung von Ludwig und Rosy Fischer dokumentieren. Es wird ein Buch über die Sammelleidenschaft eines Ehepaares in der Tradition jüdischen Bürgertums, herausgegeben von Georg Heuberger, dem Leiter des Museums im Prestel Verlage erscheinen. Über jüdisches Mäzenatentum in Frankfurt steuert der Herausgeber einen Aufsatz bei. Wolf-Dieter Dube beschreibt "Sammler des Expressionismus in Deutschland". Ljuba Berankova berichtet über die Entstehung der Sammlung. Annette Weber schreibt über "Das Profil der Sammlung, Andreas Hüneke über die "Geschichte der Hallenser Fischer-Bilder" und Cordula Frowein über "Schicksal der Sammlung die Odyssee der Bilder". nach oben
"Four
Ever" ist der Titel eines Standartwerkes über die Geschichte der Beatles,
das als Sonderausgabe in Paperback mit 184 Seiten, 7O Abbildungen, davon 14 in
Farbe für 29,80 im Format 21,5 x 28,5 beim Belser Verlag mit kompletter, bis
1989 aktualisierter Diskographie und einem Filmverzeichnis herausgekommen ist.
John
Lennon hatte erkannt, daß um die vier `Pilzköpfe` aus Liverpool ein
beispielloser Mythos entstanden war. Und Paul McCartney meint dazu: "Alles
wird zu einem Mythos gemacht und geht in die Bücher ein. So wird der Mythos zur
Wirklichkeit, nur - es ist gar nicht die Wirklichkeit."
Der
Autor, Peter Schuster, versucht mit seiner Geschichte der Beatles der Legende um
die Beatles entgegenwirken und Tatsachen und Begebenheiten aufzudecken.
Mit
Tony Sheridan traten die Beatles erstmals 196o in Hamburgs `Top Ten`auf. Er ist
auch beim John-Lennon-Abend in Frankfurt dabei.
John Lennon sagte 1970 über die frühe Zeit der Beatles:" Wir waren Künstler in Liverpool, Hamburg und in den anderen Tanzhallen. Wir spielten echten Rock `n` Roll. Brian (Epstein) steckte uns in Anzüge und all das, und wir brachten es sehr weit. Aber wir verkauften uns. Die Musik war dann tot. Die Beatles starben als Musiker damals. Wir töteten uns selbst, um Erfolg zu haben. Wir wurden technische, erfolgreiche Schallplattenkünstler - das ist eine andere Sache, denn wir waren fähige Leute." Am 8. Dezember 1980, seinem Todestag, sagte Lennon: "Man muß nicht verkümmern, weil man älter wird. Als wir Kinder waren, war für uns 3O das Ende, richtig? Jetzt bin ich 4O und fühle mich besser als je zuvor." nach oben
Noch bis zum 16. September ist
die nicht nur historisch interessante sondern auch außerordentlich
stimmungsvoll arrangierte Schau mit Ausgrabungsfundstücken aus Ostungarn im
Dormitorium und Refektorium des Karmeliterklosters zu sehen. Das Museum für
Vor- und Frühgeschichte - Archäologisches Museum - zeigt "Alltag und
Religion, Jungsteinzeit in Ostungarn." Große Farbtafeln an den Wänden und
kleinste Bruchstücke bilden Kontraste. Vorgestellt werden die großen
Siedlungen der "Theiß-Kultur (4300 - 3700 v, Chr.). Etwa 600 Exponate
sowie die Rekonstruktion eines Hauses werden vorgestellt. Eine ferne Welt rückte
bei den Ausgrabungen in den letzten zwanzig Jahren näher. Die Funde werden
erstmals in Deutschland vorgestellt. Überraschend sind die Anregungen für die
Arbeit mit Ton - leicht nachformbare Gefäße und Skulpturen. Immer wieder Gefäße,
die dem menschlichem Körper stilisiert nachgebildet sind. Man ist versucht von
naiver Kunst zu sprechen, es lassen sich auch manche Querverbindungen zum künstlerischen
Schaffen unserer Zeit entdecken. (Lothar Fischers Figuren oder auch im
Kunsthandwerk bestimmte Vasen). Unser Foto zeigt eine der Ausstellungsvitrinen
und gestattet zusätzlich einen Durchblick zu nächsten Vitrinen.
Foto: W.-D. Köhler nach
oben
Besonders Ballett und Tanztheater
sind künstlerische Ausdrucksformen, die sich der Kamera und damit für den
Bildschirm verweigern. Man muß an den Ort der Aufführung gehen, dort einen
Platz einnehmen und das Geschehen auf der Bühne mit allen Sinnen verfolgen.
Tanz ist ein Gemeinschaftserlebnis. Auch der Solotanz, obwohl gerade der noch
qualitativ vom Bildschirm vereinnahmt werden könnte. Aber gerade fürs
Fernsehen wird immer wieder versucht, raumgreifende Produktionen von Ballett und
Tanztheater zu übernehmen, von der Bühne via Kamera auf den Bildschirm zu übertragen.
Einzig jene wenigen Produktionen, die eigens fürs Fernsehformat und für die
Kamera choreographiert werden, haben eine echte Chance. Andere Aufzeichnungen
von großen Bühnenereignissen sind zwar eine wunderbare Erinnerung an
Ballettgeschehen, an Tanztheaterereignisse, sind als Dokumentationen zu nehmen,
aber nicht als das Ereignis an sich. Erst kommt das zeitgleiche Erlebnis im Saal
anläßlich der Bühnenarbeit einer Gruppe, dann später die Aufzeichnung als
Erinnerung im Fernsehen. Da gibt es auch inzwischen interessante wie wichtige
Videotheken, die Vergangenes bevorraten. Diese Konserven haben zusätzlich noch
den Vorteil Prioritäten künstlerischer Erfindungskraft zu belegen. Zugleich
aber wird zur Zeit an so vielen Orten, in so vielen Fabriketagen von so vielen
Tanzgruppen mehr oder weniger überall überraschend Erregendes fürs
Tanztheater geschaffen, daß professionelle Aufzeichnungen zur Zeit in der Tat
unerläßlich geworden sind. Würden sie von ausgebildeten Produktionsteams
aufgenommen und von Fernsehanstalten finanziert, so würde dies auch eine Hilfe
für die oft am Hungertuch nagenden freien Tanzgruppen, die ihrerseits für ihre
Zufälligkeitsdomizile - gleich ob auf dem Lande oder in irgendwelchen Städten
- mehr oder weniger zu einer ungelibten Belastund'g geworden sein können, da
die Verantwortlichen vor Ort von dieser Kunst weder eine Ahnung, noch von der
notwendigen Körperlichkeit im Tanz etwas wissen oder verstehen können. Höchstens
auf einem Schwanensee könnten sie in die Ruder greifen
Das Fernsehen - und hier ist
besonders das ZDF zu erwähnen - bringt immer wieder künstlerisch führende
Gruppen mit ihren Produktionen auf den Bildschirm. Pina Bausch stehe dafür.
Hewrvorbringungen vieler anderer, häufig auch gleichwertiger Gruppen aber,
wurden und werden nicht dokumentiert. Aus Kostengründen nicht.
Tanz gilt immer noch in der Öffentlichkeit,
die das Fernsehen schafft, als uninteressantes Minderheitenprogramm. Und in den
Spartentheatern ist leider nur allzu selten Raum für zeitgenössisches
Tanzschaffen. Das hat einerseits mit künstlerischem Konkurrenzdenken,
andererseits aber auch mit Finanzierungsproblemen zu tun.
Das Fernsehen wäre als Finanzier zwar willkommen, ist aber fürs
Erlebnis aus dem Tanzbereich kein akzeptables Vermittlungsorgan. Die
Spartentheater mit nur einer Bühne und der Verpflichtung Schauspiel, Oper und
obendrein auch noch etwas Ballett zu bringen, ist überfordert.
In den Großstädten gibt es
inzwischen Bühnen für die sogenannte Alternative Szene. In Frankfurt
beispielsweise Bühnen wie das Gallus-Theater und seit eineinhalb Jahren das großartig
funktionierende Künstlerhaus Mousonturm mit seinen zwei Bühnen und dem für
1990 erstmals eingerichtetem Palais Rebstock, dessen Existenz jedoch für 1991
stark in Frage gestellt wird, ohne, daß da stichhaltige Gründe angeführt
werden. Je größer die Bühne ist, umso einsichtiger wird die Notwendigkeit fürs
Publikum Tanz Live zu erleben. Kameras können nicht alle Geschehnisse auf jedem
Bühnenquadratmeter zugleich erfassen und ihn auf dem Bildschirm überblendungslos
zeigen. Wer die Choreographien zeitgleich bei Aufführungen im Theater auf der Bühne
erlebte, erinnert sich, dessen Augen vermissen links oder recht oder in der
Mitte oder hinten oder vorne auf der Bühne Bewegungsabläufe. Der innere
Zusammenhang von Choreographien wird gestört.
Frankfurt ist durch sein Städtisches
Ballett, das durch William Forsythe und ein hervorragendes großkariertes
Management zu einem internationalen Ereignis wurde, einer der Neues
vermittelnden Mittelpunkte vom zeitgenössischen Tanztheatergeschehen geworden.
Doch Aufzeichnunge von Forsytheballetten gibt es nicht. Nur die hausinternen
Aufzeichnungen wie sie heutzutage überall üblich geworden sind. Später wird
man anhand derartiger einfachster Mitschnitte von Aufführungen einmal zu
erforschen versuchen, wie jene Ereignisse, die längst vergangen sind, wirklich
auf der Bühne waren.
In Frankfurt begann das diesbezügliche Defizit mit den vielen
wichtigen Inszenierungen der Oper während der Gielen-Ära. Sollten die Städte
etwa selbst und eigeninitiativ für professionelle Video-Dokumentationen sorgen?
Für derartige Kosten Mehrheiten in den Gremien der Stadtverwaltungen, im
Magistrat, zu bekommen dürfte fast aussichtslos sein. Im Gegenteil, ist es
nicht fast schon so, daß Institutsleiter, die ihre Arbeit in laufenden Bildern
festhalten wollen auf völliges Unverständnis stoßen, gar von ihrer Obrigkeit
zurückgepfiffen werden, weil die Gelder eher in laufende Vorstellungen, ungünstigstenfalls
in zu zu engagierende lokalen Ruhm verheißende Gäste zu
stecken seien?
Hausinterne Aufzeichnungen dienen
genaugenommen doch nur der Einweisung von Gästen. Dies insbesondere für den
unabänderlichen Spielplan, wenn an
der Inszenierung unbeteiligte Gäste einzuweihen in Schritte, Gänge und Gesten
sind. Diese Mitschnitte werden einmal zu den raren Erinnerungsmomenten an
Vergangenes geworden sein.
Fürs Publikum gelten andere
Bedingungen und die sprechen von der Gleichzeitigkeit dessen was auf der Bühne
geschieht und von der dazu notwendigen Anwesenheit im Raum. Nur wer dabei ist,
erlebt, was dort oben auf der Bühne geschieht. Bühnengeschehen ist immer ein
Rundumerlebnis - außer es findet in einem Marathontheater zu weit vom eigenen
Platz statt. In den Opernhäusern lebt sich`s, dem Klanggeschehen ergeben, auf
dem Olymp immer noch vorzüglich und angenehm. Symphnien und Opern sind in ihrem
Ursprung Hör- und keine Seh-Erlebnisse. In einer Musical oder Variete-Aufführung
in der Alten Oper aber ist jeder Platz, der im Olymp verkauft wurde, ein
Fehlkauf für jene, die aus monetärer Verlegenheit heraus zu äußerster
Bescheidenheit gezwungen sind. Denen wäre mit einer Aufzeichnungssendung
letztlich mehr ins Wohnzimmer zu liefern als sie Live im Theater erleben können,
wenn der Saal ein Schlauch ist.
Alles Geschehen auf Bühnen ist
vordringlich ein Erlebnis der Gleichzeitigkeit. Auf der einen Seite das
Publikum, auf der anderen, auf der Bühnenseite, die Inszenierung, die
Choreographie, das Kunstereignis! Und davor braucht niemand Furcht zu haben, es
als zu neu, zu befremdend zu finden. Gewöhnung ist alles. Sehen und hören ist
nicht an einem Tag zu erlernen, aber der erste Schritt sollte irgendwann einmal
- möglichst freiwillig, aus eigenem Wunsch, aus eigenem körperlichen und
geistigem Bedürfnis heraus getan werden. Ein erster Schritt kann von einem künstlerischen
Analphabeten wie zugleich von einem versierten Kenner der Wiener Klassik im
Musikleben einer Stadt gegen alle Überlieferung der Rezeption getan werden. Es
geht um das Überschreiten der Grenze vom Bekannten zum Unbekannten, vom
Gewohnten zum vorerst Ungewöhnlichem und Fremden.
0
Bei Redaktionsschluß wurde gemeldet, daß Peter Hahn, der ehemalige Intendant
des
TAT, am Deutschen Theater in Ostberlin künstlerischer Direktor unter dem neu
en
Intendanten Thomas Langhoff wird. Peter Hahn war nach der Nichtverlängerung
sei-
nes
Vertrages als TAT-Intendant durch den Frankfurter Magistrat u.a. auch in Frank
furt (Die Ermittlung) erfolgreich tätig. nach oben
Tradition hat "Theater in Österreich",
doch für das Jahrbuch gab zuletzt Schwierigkeiten. Jetzt - für 1988/89 - ist
wieder eines erschienen und bietet eine Fülle von Aufsätzen und
dokumentarischen Notizen wie hervorragende Fotos. Da weiß der Daheimgebliebene,
was er versäumt hat: Martin Schwab beispielsweise als Woyzeck, Peymann als Vorwärtstreiber
und den "Heldenplatz", die Dene, die Hoppe und noch so einiges.
"Das Theater wird in Österreich
als Lebens-Mittel begriffen, an dem kein Mangel herrschen sollte, da eine
Verknappung dem nationalen wie dem kulturellen Bewußtsein ernsten Schaden zufügen
könnte." (Wolfgang Greisenegger, der Herausgeber) Peter Iden regte den
rennomierten Regisseur Hans Hollmann zu einem "Entwurf eines
Ausbildungsganges - Studium Theaterregie" an. Ja, so ein Rückblick zeitigt
über die eigenen Grenzen Lebensnotwendiges! "Theater in Österreich"
soll künftig jährlich erscheinen und so zur Dokumentation eines reichen Bühnenlebens
werden. Selbstverständlich spielt Wien die Hauptrolle, Salzburg aber keine
Nebenrolle und einige andere Ereignisse finden auch ihren Niederschlag.
Die `Theaterwerkstatt Nied`
wagte die Inszenierung von Francoise Sagans vielschichtiger Komödie "Ein
Schloß in Schweden". Der Titel verheißt viel, mindestens wohl einen
tieferen Einblick in das Geschehen hinter den Mauern eines Schlosses. Das Stück
bietet zusätzlich aber auch noch Krimi-Elemente mit Tiefsinn und Alltägliches
in einem Salon. Im Durcheinander der Stilelemente machen sich eine Farce wie
Melancholisches breit.
Der Schloßherr brachte seine
Gattin um die Ecke, ohne sie zu töten. Weil sie aus dem Weg ist, ist Platz im
Bett für eine, die verführerischer als die Angetraute ist. Eine neue Eheschließung
ist möglich. Aber die neue Frau lebt zugleich in einer recht engen Beziehung zu
ihrem Bruder! Sie lebt zugleich aber auch jede mögliche andere Beziehung recht
lustvoll aus. Spiel und Eifersucht, dazu eine Kostümparade. Das 1960 in Paris
uraufgeführte erste Theaterstück der Romanautorin Sagan bietet viel an Bösartigkeiten,
an Schwarzem Humor und Verwicklungen.
Die Theaterwerkstatt Nied spielt
das Stück am 31 August und am 1. September jeweils um 20. 30 Uhr in der Arena
an der Krebsmühle. nach
oben
Wie waren die Zeiten -
ehedem - im wohligem Bade der Arien und der Duette in der Operette so angenehm.
Da gab es - wie berichtet wird - die Abgehalfterten, die per `Kammer...'
ausgelobten Sänger und Sängerinnen aus vergangenen Opernzeiten und sie sangen
einfühlsam und doch zugleich kraftvoll von Liebe und Glück. Da gab es weder
Micros am Busen, noch an behaarter Brust, auch keine verstärkenden
Notwendigkeiten, die sich wie die dritten Zähne fast bis in die Kehle,
wenigstens bis in den Mund
vorgearbeitet hatten, es gab auch keine Microphone zu den Füßen der Sänger,
die dann beim Tanzen darauf zu achten hatten, das sie damit nicht ins Fußballspielen
geraten. Fragt sich nur, was der Nachwuchs alles nicht gelernt hat, auf daß
auch in kleineren Räumen die Stimmen nicht mehr tragen, daß alles bis zur
totalen Künstlichkeit kunstlos vergröbert werden muß.
Dann lieber kein Musical-Theater,
dann lieber Parkhäuser ohne Musical-Theater im Huckepackverfahren nahe dem
Theaterplatz. "Der kleine Horrorladen" ist vom Marek Lieberberg als
Tourneeveranstalter im Zoo Gesellschaftshaus ein Abschreckungsbeispiel. Schade
drum. Doch jene Verstärkeranlagen, die schon die Stimmen im Großen Saal der
Alten Oper zur Unkenntlichkeit verzerren, obwohl sie vollkommen maturidentisch
sein sollen, die will man doch wohl nicht überall bis in die kleinste Theaterhütte
haben?
Im neuen Domizil vom English
Theater in der Kaiserstraße soll es zu jeder Spielzeit auch ein Musical geben.
Das wird doch wohl niemals so künstlich in der mikrophonen Gleichmacherei der Töne
und Stimmen über die Rampe kommen, wie wir es bislang mehr oder weniger in
Frankfurt erleben mußtem. Dies etwa ein Grund für erneute Variete-Festspiele
zur Jahreswende 1990/91 durch die kreative Vermittlungsbemühungen des David
Lieberbert?
Für ein Musical Theater in
Frankfurt gilt vorab: die Akustik sollte mit der Raumgröße Schritt halten. So
lange noch für die Oper die Stimmen an sich gelten und nicht die Verstärkeranlagen,
solange sollten die Ausbilder für die Stimmen an sich Sorge tragen
und nicht für die Ersatzmöglichkeiten auf akustischem Wege durch
weiternin ungenügend verfeinerte Microphone.
Beim jüngsten Beispiel im Zoo beim "kleinen Horrorladen" hatte
man wahrhaftig das Gefühl, daß all die Darsteller und Frauen auf der Bühne
ihre Münder auf und zumachen und alles andere die Technik besorgt. Das ist zum
Davonlaufen, wenn man jemals anderes kennenlernen durfte.
Diese Zukunft fürs Musical an
sich in Frankfurt könnte ohne Verlust schon heute -leider- als Vergangenheit
verbucht werden. Da ist jedes in Mono aufgenommene Filmchen der frühen Jahre
der Technicolorzeiten im Fernsehen gegenüber
dem Gemeinschaftserlebnis in einem Theatersaal als Ereignis zu feiern.
Es gab so viele interessante Entwürfe
für ein Musical-Theater in Frankfurt im Karmeliter-Ausstellungsrundgang zu
bewundern. Doch sogar ein Theater, das auf dem Dach über dem Parkhaus
feuerpolizeilich als Zukunftsvision abgesichert erbaut wird, wäre vergebliche
Liebesmühe für diese vergebliche Zunft, die eher an Schnellimbiß erinnert und
doch allzulange zwischen den Zähnen Aufenthalt macht, dies aber ohne die
Begleitmusik von kommenden Evergreens, weil auch da die `Plastik' sich als jene
Künstlichkeit zwischen jedes Gefühl schiebt, jedes Lustgefühl erstickt.
Im Sommer gab es einerseits die
Angebote im Summertime-Programm, die querbeet so angelegt waren, daß sie
insgesamt bewunderungswürdig gegenwärtig sind, es gab den
"Jedermann", der im
Gegensatz zum Tanztheater ebenfalls unter künstlicher Verstärkung litt, ohne
daß er als Musical mit Songs über die Kirchenrampe zu bringen war, es gab die
Verzauberungen vom zum Träumen verführenden Salome-Theater, eine Märchenerzählerfortsetzung
mit Glitter und Glitzer und dann den "Little Shop of Horrors" mit der
sich so entzückend in den Vordergrund spielenden fleischfressenden Pflanze. Ein
Unterhaltungssommer, der letztendlich von den Frankfurt Festen absorbiert werden
wird.
In diesem Zusammenhang wird
niemand mehr das Parkhaus am Theater oder die Notwendigkeit eines
Musicaltheaters in die Diskussion bringen.
Sie müssen singen können
und tanzen und sollten auch Dialoge sprechen gelernt haben. Die Stimme muß
ebenso wie der Körper entwickelt und trainiert werden. Stimme wie Körper müssen
belastbar sein. Für die Musical-Theater ist sogar tägliches Singen notwendig.
Die Stimmen aber schaffen das (sh. nebenstehenden Artikel) häufig nicht, so daß
die Stimmen technisch `verstärkt'werden müssen. Ursprünglich ging es `nur
darum', daß man Nachwuchs an die Theater bringt, der im Repertoire den
Anforderungen des Musicals gewachsen ist, Nachwuchs, der gleichermaßen singen,
tanzen und sprechen kann. Ganz ungewohnte Anforderungen waren das. In Wien
erkannte Peter Weck die Notwendigkeit umfassend verbesserter Ausbildung.
Entsprechende Musik- und Tanzschulen ließen sich in vielen Städten nieder.
Aber eine staatliche Anerkennung von Privatschulen ist eine Hürde, die nicht
leicht zu erringen ist.
In Frankfurt wurde jüngst das
Dance & Musical Center Okoliczanyi staatlich anerkannt und das Hessische
Ministerium für Wissenschaft und Kunst durfte für die weitere Entwicklung
dieses Institutes viel Erfolg wünschen.
Diese Schule in der Kurfüstenstraße
ist jetzt befugt die Bezeichnung "Staatlich anerkannte Berufsfachschule für
die Ausbildung zum (zur) Musicaldarsteller (-in)" zu führen. Die
Ausbildung erfolgt aufgrund des vorgelegten Lehrplanes. Zwischen- und Abschlußprüfungen
werden von der `Paritätischen Prüfungskommission`des Deutschen Bühnenvereins
und der Genossenschaft Deutscher Bühnen-Angehöriger aufgrund der jeweils
geltenden Prüfungsordnung abgenommen. Staatliches Anerkenntnis gibt es jedoch
nicht auf Ewigkeit, die Qualität
einer Schule wird alle paar Jahre erneut überprüft.
nach
oben
Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade
Wirklich, das ist ein langer Titel, einer der längsten, den es in der Theatergeschichte gibt. Es ist aber zugleich auch ein Theaterstück, das seit seiner Uraufführung 1964 im Berliner Schillertheater nicht nur auf den Bühnen entferntester Theater die Menschen mitgerissen hatte, auch die Verfilmung wurde weltweit zur Kenntnis genommen. Am 21. Oktober gibt es eine Neuinszenierung am Schauspiel Frankfurt im Bockenheimer Depot. Am 1. September gibt es als Wiederentdeckung dies Drama von Peter Weiss in hessen 3 in der Fernsehbearbeitung von Peter Schulze-Rohr, mit Charles Regnier als Marquis de Sade und Hans Christian Blech als Jean Paul Marat. Am 3. September kommt ein Porträt über den Autor Peter Weiss ins Programm von hessen 3.
Peter Weiss (1916-1982) war Emigrant, Maler, avantgardistischer, das Experimentelle und Dokumentarische realisierender Filmemacher, Autobiograph und errang als Dramatiker internationalen Erfolg. „Eine mehrschichtige Raum-Zeit-Struktur erzeugte eine geschichtliche Perspektive, durch die die uneingelösten Forderungen der Französischen Revolution inmitten eines restaurativen Klimas - bis hin zur Gegenwart - deutlich werden konnten.“/hr-Infotext.
„Wir müssen den Blick nicht nach Nicaragua oder China wenden, um mit heutiger Erfahrung zu belegen, was Peter Weiss vor 25 Jahren im szenischen Disput zwischen dem radikalen Individualisten de Sade und dem radikalen Revolutionspolitiker Marat am Beispiel der Französischen Revolution abgehandelt hat: die Frage nach den Chancen einer kalkulierten und Organisierten Veränderung einer ganzen Gesellschaft in Richtung auf Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.“ heißt es im Spielzeitvorschautext der Städtischen Bühnen, das Stück sei „uns nie so nahe wie seit dem November 1989, als in der DDR Hunderttausende auf die Straßen gingen und die Revolutionierung einer mißlungenen Revolution erzwangen“ heißt es zur Wahl des Marat-Stückes von Peter Weiss zum Saisonauftakt vom Schauspiel Frankfurt.
Frank Hoffmann inszeniert, Ben Willikens macht das Bühnenbild und Swetlana Zwetkowa zeichnet für die Kostüme verantwortlich. nach oben
Im Mousonturm gab es schon eine öffentliche Lesung mit verteilten Rollen aus dem ersten Theaterstück der Kerstin Specht. Eine Jury hatte ihr zuvor den „Hungertuchpreis“ (Förderverein Deutscher Schriftsteller / Hessisches Literaturbüro) verliehen. Ursprünglich sollte sogar die Uraufführung in Frankfurt stattfinden, doch das Stück hatte zuvor schon in Dramaturgien für Aufsehen gesorgt und der Bonner Schauspielintendant Eschberg (ab 1991/92 Intendant vom Schauspiel Frankfurt) machte das Rennen um die Uraufführung. Doch Hans Peter Doll, Frankfurts Zwischendurchintendant nach Rühle, hatte für Frankfurt fest zugreifen lassen, so daß die Erstaufführung hier nicht von einer Freien Gruppe oder gar einem Privattheater (Frankfurter Volkstheater z.B.) sondern im Kammerspiel vom Schauspiel Frankfurt am 22. September stattfindet. Regie führt für dieses Volksstück in der Nachfolge von Horváth bis Kroetz (so die Schauspielhaus Dramaturgie) Thomas Schulte-Michels.
Die große alte Dame Grete Wurm spielte in der Bonner Uraufführung die Oma. Es gibtim Stück erstens die Oma, erstens die Mutter und erstens den Sohn; das klingt zwar befremdens, doch das hat viel mit den Personen im Stück zu tun.
Tief im ehemals hintersten Winkel unserer Republik, an der Grenze. Drüben ist die DDR. Die Menschen sind hinter dem Standart der Gesellschaft zurückgeblieben. Es ist eng in der Provinz und Sohn, Mutter und Oma kämpfen miteinander gegeneinander. Eigentlich ein ganz normaler Familienzustand. Eine Nachbarin gibt es, Kirchgänge und einen Nachbarn. Mutters Mann, der von ‚drüben’ kam, hat sich aufgehängt. Der Nachbar stellt ihr nach. Ist er ein Feind? Sie selbst ist aber im Dorf eine Ausgestoßene.
Wer hat diese Rolle, wer spielt die Mutter im Kammerspiel? Margit Carstensen oder Regine Vergeen? Beide sind als Gäste wieder am Schauspiel Frankfurt. Und wer wird als Oma die Bühne beherrschen? Besetzungsfragen sind immer spannend, besonders zu Beginn einer Saison mit Neuverpflichtungen. Die Engelmann hätte man sich als ‚Oma’ denken können oder die Strien. Auch die Zetzsche. Sogar Hildburg Schmidt...(Das wahre Lebensalter spielt für Rollenübernahmen keine Rolle!) Schon an der Nennung dieser ans Frankfurter Schauspielhaus verpflichteten Namen erkennt man wie stark es mit ‚starken’ Frauen gesegnet ist! Und alle brauchen große Rollen - auch das Publikum wartet auf deren große Darstellungen.
Wilhelm Eilers, ein neues Gesicht, ein in Frankfurt noch unbekannter (?) Schauspieler wird den Sohn spielen. Also eines der drei Opfer der Umstände, die Kerstin Specht als in Kronach 1956 geborene und in der Nähe des Geschehens am Ende der gestrigen Welt aufgewachsene kaum nur erfunden hat.
Dialoge wie aus dem Leben: Die Oma könnte man sich längst unter der Erde vorstellen, doch was wäre dann mit der Rente...!? „Bubala“ nutzt als Sohn und Enkel alle ihm gegebenen Möglichkeiten. Geld braucht der Mensch, wenn er etwas gelten will. Die Oma besuchen bringt Geld, ist bare Münze! An Mord denkt niemand, doch dann fließt Blut und fließt und fließt. Also doch kein Stück fürs Volkstheater Frankfurt? Also doch eins fürs Städtische Theater? Aber es ist bestimmt kein „Korbes“-Nachfolgerstück im kommenden Spielplan, wenn es auch daneben bestens plaziert werden kann und von guter Planung der Dramaturgie Zeugnis ablegt.
Andreas Rossmann schrieb in der FAZ anläßlich der Uraufführung böse Worte darüber, daß sich die Schauspieler in Bonn den Figuren überlegen gefühlt hätten, die dortige Werkstattbühne sei nicht der richtige Ort für die Aufführung gewesen. Hoffentlich ist das im Frankfurter Kammerspiel alles besser, stückidentischer und letrztlich ehrlicher. Grete Wurm als Oma wurde einzig anläßlich der Uraufführungsinszenierung hervorgehoben, einzig sie habe Statur als klarblickende Oma gewonnen. Das Stück aber scheint noch nicht wirklich entdeckt zu sein. Welche Möglichkeiten für das Schauspiel Frankfurt, für den Regisseur Thomas Schulte-Michaels! Man darf der Frankfurter Premiere dieses durch den Frankfurter „Hungertuchpreis“ ausgezeichneten Stückes voller Spannung entgegensehen.
Es gibt Abende im Theater, in der Oper, da ist man immer wieder in Gefahr vollends vereinnahmt zu werden. Dies sind Abende, in denen künstlerisch Überragendes geschieht oder Abende, in denen es in den Scharnieren kunsthandwerklich knarrt. Knarrte es bei der Verdi- Neueinstudierung des großen Tötungsdramas der Eheleute Macbeth?
Ja, in den Pausen so eindeutig wie lautstark. Kann ja vorkommen zur A-Premiere, sollte aber nicht zur Übung im Repertoire werden.
So eine Oper wie Verdis „Macbeth“ könnte man natürlich auch wie in einem Gestängehaus inszenieren oder aber opulent in riesigwirkenden Dekorationen dekorativ. Wann schwankt ein Kritiker hin zur subjektiven Begeisterung, wann könnte er von einer Inszenierung verärgert werden? Letzteres vielleicht, wenn die bestellten Karten auf einen anderen Tag verbucht wurden und der Kritiker einer Falschmeldung bezichtigt wird was den Tag seiner Anwesenheit betrifft. In der Oper Frankfurt ist alles möglich. Nun gut, Schwamm drüber - trotzdem war diese Inszenierung von Äußerlichkeiten überlagert. Das Gedränge an der Kasse, dessen Computer keine Kritikerkarten ausspucken wollte, war in der letzten Reihe hinten auf Studentenplätzen vergessen, der Operngucker funktionierte richtig, tat seine Dienste, genau war auszumachen daß die Lady Macbeth nur äußerlich von Unschuld, sonst aber, von innen unterm Rock unterm Kleid, rot befleckt war. Das mag man ein Wendekleid für alle gesellschaftlichen Gelegenheiten nennen, war auch sehr dekorativ, wurde nur zu sehr an die Rampe gespielt. Hexenbewegungen - wer weiß wie die wirklich aussehen - in den Hüften, ein blutiges Schwert: die Geschichte wird handwerklich verdoppelt über die Rampe gebracht. Alte Bühnendekorationstricks: übergroße Stühle für sie und ihn, für die Schlimmes aushandelnden Titelfiguren. Im Hintergrund passende Hofdamen in den Farben Rot und Weiß - schuldig / unschuldig? Wer an diesem Hofe dient, der kann nicht unschuldig bleiben. Jeder und jede verstrickt sich in die Tötungsmachenschaften
Wer aber der Handlung als gleichermaßen der italienischen Sprache Unkundiger wie auch ausnahmsweise unvorbereiteter und vor der Aufführung in Gespräche verwickelter Opernbesucher über den Inhalt nicht ganz und über den etwas komplizierten Handlungsverlauf mit dieser machtgierigen Lady unvertrauter Mensch an der Aufführung teilnimmt, kann sich nicht auf das schon bestens vom Publikum angenommene eingeblendete Spruchband über der Bühne verlassen - es gibt keine Texteinblendung!
Besonders attraktiv wirkt der dritte Akt mit den Heinzeltierchen, die sich als Bettenmacher betätigen.
Die Frankfurter Rundschau meinte zur Aufführung, sie sei ‚solid durchgestylt‚, die Frankfurter Allgemeine Zeitung schrieb von ‚Schöner wohnen, sanfter Schrecken‚, der da auf der Bühne der Frankfurter Oper abläuft und die Frankfurter Neue Presse findet eine Überschrift für ihre Besprechung, die drei Zeilen bildartig braucht: „ Nette Heinzelmännchen bereiten der Königin das warme Bettchen“ - sehen so Überschriften, Titelzeilen für eine Neuinszenierung aus, auf die man allgemein aufgrund hochdotierter Namen im künstlerischen Personal setzt, von denen eigentlich Großes zu erwarten ist? Nach den drei Premierenaufführungen gab es keine weiteren Pressestimmen, die sind frühestens nach der Wiederaufnahme am 2O. September zu erwarten. ob sich dann jene Tempi im Orchester ermöglichen ließen, ob die Spannung stärker geworden ist? Premierenbesetzung ist angesagt. Rosalind Plowright begeisterte und fand zur Premiere zugleich Ablehnung als Lady Macbeth. Jürgen Freier gab sich dienend in die Inszenierung und gab Bestes, René Pape als Banco schuf viel Raum um sich mit seiner mächtigen Baßstimme doch eindeutig gefeiert und musikalisch genossen wurde die Macduff-Arie im vierten Akt: Vinson Cole wurde zum (Sänger) Held des Abends, eine sich einschmeichelnde Stimme, kräftig und zugleich samtigweich eine Interpretation, die auf Anhieb aufhorchen ließ und Unabgebrühte zur Begeisterung verleitete - aber diesem Tenor würde man gern in einer größeren Partie in der Oper Frankfurt wiederbegegnen. Nicht nur der gutwillige Kritiker kann oft doch noch wichtige Momente im Gelingen einer Inszenierung finden. Opulent im Bühnenbild und in den Bühnenbildverwandlungsmöglichkeiten ist der/die neue Frankfurter „Macbeth“ auf jeden Fall und Gary Bertini wird gewußt haben, welche Tempi er wie nimmt, dies auch gegen die Meinung aus dem Premierenpublikum! nach oben
Sechs Konzert-Abende zu Peter Tschaikowsky‚s 150. Geburtstag - ein Memorial-Abend zu John Lennons 10. Todestag. Zu den Frankfurt Festen ‚9O liegen die Ereignisse kalendarisch dicht gedrängt: am 28. September treffen sich musikalische Verwandte zur Alten-Oper-Produktion „Remember: John Lennon“, am 29. September beginnt das erste der sechs Tschaikowsky-Konzerte mit dem ‚Großen Sinfonieorchester des Sowjetischen Rundfunks und Fernsehens‚unter der musikalischen Leitung von Wladimir Fedossejew. Und was könnte beide, den Russen und den Engländer miteinander verbinden, sie über den gleichen Beruf hinaus zu ‚Verwandten‚machen? Beide waren als Komponisten zu ihrer Zeit schon populär, beider Kompositionen gingen zu Herzen, unter die Haut und beide hatten mit Mißverständnissen auf der Seite ihrer Kritiker zu kämpfen. Beider Musik war zu populär, Lennon gar ein Musiker, den man mit dem Begriff des Pop-Artisten ehren wie beschimpfen konnte, je nachdem in welchem Lager die Kritiker saßen.
Mit dem Mord an John Lennon starb auch die immer wieder aufflammende Hoffnung, die Beatles könnten doch eines Tages wieder zueinander finden. 1970 aber war die Trennung der vier noch jungen Musiker vollzogen, die schon als ‚Kinder‚ zu außerordentlichem Erfolg kamen. Sie staunten zwar über das unfaßbare Ausmaß dieses Ruhmes, taten zugleich aber auch alles, erfolgreich zu bleiben. Mit dem Mord an John Lennon starb auch der ‚Kopf‚der Formation. Nach der Trennung waren alle eigene Wege gegangen. John Lennon hatte seine ‚Freiheit‚insbesondere zu nutzen gewußt.
Die Liste der sich und das Publikum an Lennon erinnernden Musiker am Abend des 28. September wird groß sein. Michael Rieth sammelte die Texte und baute das Gerüst für den Abend, ist für die Dramaturgie verantwortlich. Idee, Konzept und Organisation sowie für die Einrichtung sorgt Uwe-Karsten Koch, der schon den Fassbinder-Abend ein Jahr nach dessen Tod 1983 in der Alten Oper zu einem Ereignis werden ließ. Unvergessen auch der Jacques -Brèl-Abend vor zwei Jahren. Fast kann man schon von einem zweijährigen Turnus des Erinnerns im Großen Saal der Alten Oper sprechen, denn 1986 kam es zu einem glanzvollen Maria-Callas-Abend.
Rock- und Popsänger, Liedermacher, Instrumentalisten, Musikformationen und ein Tänzer werden an Lennon erinnern. Es sollen kommen: Klaus Hoffmann, Tony Sheridan, Lydie Auvray, Chris Hinze, Sri Ramesh, Naresh Shotham, Thomas Bettermann Pianist von Klaus Lage), Klaus Lage ‚himself‚, aus der DDR: „Zwei Wege“; Ingeborg Amodé, Nicola Kress, Gabriele Felke, Dagmar Casse, die „Beatles Revival Band“ Stephan Krawczyk, Christian Felke und der Tänzer Ismael Ivo aus Brasilien! Ein außerordentliches Aufgebot von Künstlern, die sich mit Freude wie auch mit aller Leidenschaft für John Lennon an diesem einzigartigen (keine Wiederholung) Abend einsetzen.
Michael Rieths Dramaturgie wird immer wieder für interessante wie spannungsvolle Querverbindungen aus jenen frühen Jahren unserer Pop-Musik sorgen. Sogar Konfrontationen mit dem Schlagerwesen jener Zeit der sexuellen Verklemmungen sind eingebaut, Onanistisches des Starkults wie Auszüge aus der Biographie des Lennon-Mörders, Lennon-Interviewauszüge, Reflektion der Fünfziger und die darauffolgende Hamburger Zeit der Beatles mit Tony Sheridan, dem Exbeatle. Lennons Text gegen die Realitätsflucht, für das Positive im Meditationserlebnis. Die Gäste aus Indien werden dazu Musikbeispiele bringen. Und immer wieder Lennon-Songs! nach oben
Saschko Gawrilow (Violine) spielt zur Eröffnung des Sonoptikum von Isang Yung das Violinkonzert. Nina Corti gibt ein Tanzrezital, Daniel Chorzempa bewältigt das ‚Jahrhundert-Cembalo‚, Homero Francesch (Klavier) vermittelt zwischen Mozart und Henze, Siegfried Mauser (Klavier) bringt ein „Inszeniertes Konzert“ mit Statisten, Hans Joachim Friedrichs, Ute Lemper und Otto Schily präsentieren Quer-Durch I - III, Siegfried Palm (Violincello) ist beteiligt am „Jahrhundertcello, ‚Ratefuchs‚Guido Baumann präsentiert den Sinfonischen Boulevard, Oberbürgermeister Dr. Volker Hauff wird zum Märchenerzähler (Peter und der Wolf), Martha Argerich (Klavier) spielt Ravels Klavierkonzert G-Dur und große wie kleine Orchester, Kammermusikvereinigungen und weitere Solisten konnten fürs „Sonoptikum“ von Donnerstag 6. bis Sonntag 9. September gewonnen werden. Für Abwechslung ist ab Freitag vom Vormittag bis Mitternacht gesorgt. Auch die Gastronomie der Alten Oper spielt mit! nach oben
„Wenn ich gewußt hätte, wie gut ich bin, hätte ich schon vor fünf Jahren aufgehört.“
Was Hans Joachim Kulenkampff Anfang 1988 ins Ohr der öffentlichkeit gesetzt hat, klingt gleichermaßen nach Abschied wie zugleich nach Kampfansage. Aber er war gerne „Im Zweifel für den Angeklagten“, half auch in seiner EWG-Show freundlich, bereicherte sich nie aufgrund von Blößen anderer. Sicherlich hätte Kuli auch beides, TV plus Theater weitergemacht, doch er hat auch Ansprüche gegen sich selbst. Wenn er Theater spielt, dann mit Haut und Haaren und nicht mit wichtigen Fühlern schon in der nächsten Fernsehshow für unübersehbare Millionen als Einschaltquotennummern. So kam es auch zu seiner Absage an Thomas Gottschalk: Hans Joachim Kulenkampff hatte am Abend in Marktredwitz Theater zu spielen und- „Wetten daß“- er sein Theaterpublikum - auch wenn es nur ein paar Hundert am Abend sind - nicht im Stich läßt?
Jetzt kommt Kuli zur Saisoneröffnung wieder ins Fritz-Rémond-Theater im Zoo. Am 13. September ist Frankfurter Premiere von Framcoise. Dorins Komödie mit dem Schulterzuck-Titel: „Na und“. Was soll man auch davon halten, wenn ein gewisser Paul, der ein reicher und berühmter Schauspieler ist, sich freiwillig von der Bühne zurückzieht; etwa auch so ein armer alter Mann? Geschieden und einsam, nur so ein etwa gleichaltriger Diener ist um ihn.
Männerfreundschaft- und das erst in späten Jahren, der eine hat das Geld, der andere das Dienen? Aber Jente („der kennt doch alle, der kann das“) spielt nicht mit, lebt für sich in Wiesbaden, kennt wahrscheinlich dies „Na und“ schon.
In die Realität der Bühnenscheinwelt bricht auf überraschende Weise eine junge Frau ein, eine Frau, die ihrer dauernd wechselnden, sicherlich zumeist auch noch so schrecklich viel jüngeren Liebhaber überdrüssig ist. Über das Stück heißt es in der Vorankündigung des Theaters: „Francoise Dorin hat einen Cocktail aus Zärtlichkeit, Melancholie und Witz gemixt - sie zeigt das Portrait zweier gänzlich unterschiedlicher Menschen, die eines gemeinsam haben: sie wollen nach ihrem Geschmack leben, ohne Rücksicht auf das, was ‚man‚tut oder nicht tut.“
Für einen Mimen von der Qualität eines H,- J. Kulenkampff ist das eine sozunennende Paraderolle,eine evchte Herausforderung, fast schon ein ‚Muß‚im Leben - und natürlich im Beruf - da darf man nicht ‚mauern‚, da muß man alles rauslassen, da darf man sich sogar persönlich einbringen und vorspielen, wie es um einen bestellt wäre, wenn man so wäre, so lebte und oder Ähnliches.... Dabei sind Übereinstimmungen mit dem wirklichen Leben sicherlich ganz bestimmt nicht vorhanden. Kuli würde sich nicht selbst auf die Bühne zwingen, um sich eigenhändig in persönolicher Leiblichkeit für sich selbst erkenntnisreich vorzuführen. Dazu ist er auch als ehemaliger „Frankfurter Wecker“ (195O fand sich im Archiv als Datenangabe) aus den Anfangszeiten der ARD, als das Deutsches Fernsehen noch Zukunft war, vielzu echt und immer noch natürlich ein Mensch wie du und ich, ganz natürlich. Dann lieber mit Heinz Ehrhard durch die Gegend radeln, im Buntfilm, aber der ist schon gestorben, gibt kein weiteres Gedicht mehr preis. Bleibt das Erlebnis des Hans-Joachim Kulenkampff in einer Komödie, die Komödienspezialist Wolfgang Glück in der Ausstattung von Pit Fischer und Kulis Schauspielkollegen Heini Göbel, Martha Marbo, Cornelia Köndgen und Roman Frankl inszenierte.
Vor einem Jahr wurde das Theater im Zoo in einer gewaltigen architektonischen Kraftanstrengung umgebaut. Die vergangene Saison wurde zu einer überwältigenden Erfolgssaison des Fritz-Rémond-Theaters. Das begann mit Shakespeares „Ende gut, alles gut“, mit jener noch heute in >akt< - Spalten auftauchenden umstrittenen ‚von Frau- zu Frau‚- Inszenierung von Hauptmanns „Biberpelz“, Astrid Windorf als Regisseurin und Hannelore Zeppenfeld als die energisch sich durchsetzende Mutter Wolffen - führte zu „Loriots dramatischen Werken“, die in einem Jahr sogar einen ausgedehnten Wiederholungsmonat eingeräumt bekommen, weil man nicht nur die Geistesblitze, weil man auch die großartige Inszenierung wieder- und erstsehen möchte. Ja, eine Saison voller Erfolge, gab es im Frankfurter Zoo, im Fritz-Rémond-Theater einschließlich der letztlich völlig überflüssigen Frage, ob Constanze sich wirklich richtig verhält, die Anna Teluren(sh. >akt< Seite 4 - Kunst und Klatsch) so knapp wie pointiert im Dialog auf Gegenrede gebracht hat, daß der alte Maugham sicherlich gern vor den Vorhang getreten wäre, sich für den späten und Immernoch-Erolg seines Stückes zu verbeugen, wenn Oscar Wilde diesem Akt freiwillig gefolgt wäre, doch Wilde wollte nicht und so blieb Maugham grantelnd hinter den Wolken im Blau des Himmels versteckt.
Nur wer in der vergangenen Saison-so oder so - ein Kartenanrecht gebucht hatte, erlebte die ewig ausverkaufte „Moral“ von Thoma im volksnahen Theater im Zoo mit Günter Strack, aber auch „Ein Volksfeind“ erregte die Gemüter und das ‚Risikostück‚“Ich bin nicht Rappaport“ verführte durch Carlos Werner mit großartigen Mitspielern (Owens/Dreifuss) zu Beifallsstürmen.
Hans-Joachim Kulenkampff fällt nun die überaus schwierige Aufgabe zu in der Rolle eines reichen und berühmten Schauspielers, der alles bis oben hin hat, der alles satt hat, als Darsteller großer Rollen jene zu überzeugen, die dieses Zoo-Theater nicht nur lieben, sondern ‚Große Werke‚von ihm, erwarten. Es geht nicht ums Frührentnertum nach dem Motto: „Wenn ich gewußt hätte, wie gut ich bin, hätte ich schon vor fünf Jahren aufgehört.“ (zitiert nach der Fernsehzeitung Gong, jene mit dem gutem Rundfunkteil , aus der Nr. 4 von 1988).
Wenn auch anläßlich der Nostalgiesendung zum vierzigsten Geburtstag der ARD nicht Kuli sondern Peter Frankenfeld das Rennen machte, so bleibt Kuli ‚seiner‚ Stadt am Main auch in seinen späten Jahren gern seine Reverenz. Sein Publikum weiß, was es an ihm hat. Alle Zuschriften aus Frankfurt sollen sich, wie versichert wird, ihn und nur ihn, sollen ich ihren Kuli zum vierzigsten Geburtstag gewünscht haben. nach oben
Auch im Rahmen der Frankfurt Feste ‚90 gibt es Veranstaltungen für Kinder: am 1.9. im Hindemith Saal der Alten Oper musikalisches Marionettentheater mit zwei Werken: „Paul und Virgine“ von Moritz Eggert und „Lucius, Asinus Aureus“ von Paola Arcà und am 2. 9. von Julian Yu „Die weiße Schlange“ und von David Lang „Judith und Holofernes“, je um 15 Uhr. Abends gibt es um 2O Uhr die gleichen Vorstellungen mit diesen Puppenspielen aus der Marionettenschule der Münchener Biennale. Hans Werner Henze ist deren künstlerischer Leiter wie Anreger. Alte Kunsttechniken werden in moderne Ausdrucksformen, die sich dem Ideal des Humanismus verpflichtet sehen, überführt. Alle vier Marionettenopern wurden von Henze in Auftrag gegeben und als Koproduktion der Münchener Biennale, des Freien Musikzentrums München und der Alten Oper Frankfurt geplant.
Im Gallus Theater (29.9.- 15 Uhr) und im Philanthropin (3O.9.-16 Uhr) wird das ‚Big Bang Musiktheater’ erneut in Frankfurt „Von Göttern und Menschen“ nach den Metamorphosen des Ovid Kunde geben.
Im Bürgertreff Kalbach werden am 6.9. und am 4.1O. Gisela Kalow und Inge Meyer-Dietrich ab 15 Uhr für Kinder aus ihren Büchern lesen. „Kati Mütze“ (Kalow) ab 5 Jahre. „Plascha“ (Meyer-Dietrich) ab 9)
Das Frankfurter Puppenzentrum legt Spieltage im August im Walter-Welker-Heim (27.-3O. 8.) und im Serengetisaal des Zoologischen Gartens (17.-21.9.) ein. Sieben verschiedene Stücke stehen zur Auswahl. Kartenvorbestellung ist unbedingt notwendig.
Reiner Kröhnert hat ein Programm fürs Kabarett unter obiger Überschrift, das sehr erfolgreich ist. Ob er weiß, daß die Stimmen von Albrecht bis Stoltenberg, daß Waldheim wie Becker oder Blüm und Honecker einschließlich Jenninger nicht nur urplötzlich gestrig sind, sondern daß die Imitation als Mittel des Brettl dem Publikum nichts Neues mehr sagen? Die Flut der gekonnten und ehemals das Publikum begeisternden Kehlenschlüpfer, der Sprecher mit geliehener Stimme, ist zu groß. Auch ganze Gesprächsrunden wurden inzwischen mit einem einzigen Stimmband erprobt und auf der Kabarettbühne ohne persönliches Schamgefühl vorgeführt. Doch Rainer Kröhnert ist unter den ‚Komikern und Kriminellen‚ der Sehende und was er sieht, das weiß er auch an seinen Mann, an seine Frau - also über die Bühnenrampe nach unten zu vermitteln. Ihn auf der Bühne zu erleben ist besser als über Boris Becker in BILD zu lesen, daß er im Fernsehen einen Stotteranfall hatte. Textzuliefernatenten für Kröhnert sind Ulrich Kretschmer, Wolfgang Marschall und Volkmar Staub - natürlich textet Kröhnert auch by himself! Er ist am 8. und 9. September wieder im Titania auf der Bühne zu erleben.
In der Jahrhunderthalle Hoechst wird am 29. September der Lebensfreude in einem großen Konzert gehuldigt - mit Joseph Haydns (Anti) „Militärsymphonie“, seiner Symphonie Nr. 1oo G-Dur, in der zwar das Dunkle wie auch militärischer Rhythmus aufklingen, in der Militärisches in eine Romanze einbricht, aber das Militärsignal nicht zum glorifizierten Element wird. Im Gegenteil, ohne Marschmusik, aber mit Schlaginstrumenten wird auf den Schrecken hingewiesen. In Carl Orffs „Carmina burana“ wird reine Lebensfreude sogar rauschhaft, bis in die Ekstase vorgeführt. Es sind ‚weltliche Gesänge’, die elementar immer wieder Lebenslust besingenn. Gegen Bevormundung und Drangsalierung, weder die Obrigkeit noch die Kirche, auch nicht die ‚Alten’ sollen dreinreden, wenn es um die Freude am Leben geht. Es sind revolutionäre Impulse gegen alles, was verboten ist in Wort, Rhythmus und in der Musik kraftvoll und voller Druck. Warum auch soll man sich nicht mal den Bauch vollschlagen und in der Liebe über die Stränge! Wenn’s bekommt? Und das alles komponierte Orff während der Nazizeit und nutzte Texte früher Poeten aus Europa.
In Frankfurt gab es 1937 eine szenische Aufführung. Jetzt steht dies Werk - wie heute allgemein üblich - auch in der Jahrhunderthalle Hoechst konzertant auf dem Programm. Am Samstag, dem 29. September (Anfangszeit ist schon um 18 Uhr) werden der Münchner Bach-Chor mit der Frankfurter Singakademie gemeinsam auf dem Podium stehen. Die Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz spielt unter der Leitung von Hanns-Martin Schneidt. Als Solisten wirken Edith Wiens, Thomas Mohr und Ulrich Reß mit.
Sie sind ein erfolgreiches Paar, stehen miteinander wie auch gegeneinander als Ehepaar auf der Bühne seiner „Komödie“ am Theaterplatz, streiten sich in aller Öffentlichkeit nach vorgegebenen Texten, so als ob sie fürs Privatleben auf der Bühne üben. Aber Claus Helmer führt Regie. Er weiß worauf es ankommt, wenn er seinen nächsten persönlichen Hit beim Publikum landen will. Er reicht nicht nur „Zwiebeln und Butterplätzchen“ über die Rampe, wenn nötig auch dosierte Zuckerstücke an denen gekaut werden darf. Oft geht’s deftig zu, auch wenn es „Geld wie Heu“ im Salon auf seiner Bühne gibt. Eine Frau in den Vierzigern ist für ihn im Privatleben kein Problem, wenn aber auf der Bühne ein gemütlicher Ehemann im bequemsten Mannesalter gefragt ist, dann greift er für seine Frau zu und stellt die Behauptung als Erkenntnisfrage in den Raum: „Eine Frau beginnt mit Vierzig...?“ Und das wurde dann mit Christine Glasner, die Claus Helmer nach langem Zusammenleben auch privat ehelichte, der Hit Anfang dieses Jahres. In den ersten beiden Monaten nach der Premiere waren schon 15 000 Besucher in der „Komödie“ gezählt worden. alle wollten sehen, wie diese Frau mit diesem Mann fertig wird.
Theaterchef Helmer ist aber auch immer auf der Suche nach interessanten Stücken und nach interessanten Rollen. Natürlich spielt er, wenn er was für sich gefunden hat und mit seinem leichten Wiener Zungenschlag jede Art von Schwerennöter so gern wie bestens. Bei „Zwiebeln und Butterplätzchen führte“ - wegen der Neutralität? - nicht er sondern Peter Schlapp Regie. Jetzt in der deutschen Erstaufführung von Derek Benfields „Ein Zwilling kommt selten allein“ bleibt er in den Kulissen und spielt nicht die Hauptrolle,sondern konzentriert sich auf die Regie.
In der Theaterbranche heißt es, nichts ist schwieriger als das Inszenieren einer Komödie. Das Zwillingsstück aber ist als eine Farce angekündigt! Ist das dann eine Verdoppelung des Schwierigkeitsgrades? Nach der Premiere am 6. September werden es die Kritiker wissen. Und das Ensemble: Ursula Dirichs, Renate Schauss, Helmut Oeser, Joachim Schweighöfer, Wolf Walter und Christine Glasner bangt den Kritiken in der Presse entgegen. Auch der Boulevard braucht gute Kritiken. Einzig Claus Helmer wird schon vorher wissen, daß dies von ihm ausgesuchte Stück in Frankfurt seine Erfolgsserie haben wird. Hätte er es sonst ausgesucht und inszeniert? Dieter Stegmann wird wieder eine Wohnlandschaft auf die Bühne zaubern, die man am liebsten mit nach Hause mitnähme. nach oben
„Die liebste Rolle ist immer die, die ich gerade spiele“ meint Lia Wöhr und steht damit nicht allein. Wer Rollen spielt, zu spielen hat, die einem nicht zuwachsen können, weil man sie nicht mag, dann funktioniert Theater nicht und die Kritik schreibt von Fehlbesetzung. Für Lia Wöhr ist die >Bibbo< in Carl Zuckmayers Seiltänzerstück „Katharina Knie“ - 1928 in Berlin uraufgeführt - schon eine jener Traumrollen, die man liebt, die zu spielen lohnt. Und sie begibt sich erneut, fast achzigjährig, auf eine Tournee, die sie natürlich auch nach Frankfurt führt.
Der Zufall - oder war‚s schon Absicht, gar Rollenstrategie? - brachte es mit sich, daß Lia Wöhr ihren 75. Geburtstag im Zelt vom Zirkus Renz feierte. Und jetzt ist sie bis Weihnachten mit einem Zirkusstück auf Reisen, gehört also genaugenommen zur und in die Welt der Fahrenden. Die Tochter vom kleinen Wanderzirkus entscheidet sich, als sie gerufen wird, für ‚ihren’ Zirkus, verläßt Hof und Mann, nimmt ihr Erbe an. Sabine Weber spielt die Titelrolle. Drei Spielzeiten war sie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, bekam wunderbare Aufgaben. Doch es zog sie wohl fort, so daß sie jetzt beispielsweise im englischen TV-Vierteiler Gravy Train mitmacht und als Katharina Knie erstmals auf Theatertournee ist.
Im Ensemble sind Darsteller, die für ihre Rollen die besten Voraussetzungen mitbringen. Regie führte Günther Fleckenstein, Garant für solide Theaterarbeit, war zwanzig Jahre lang als Nachfolger Heinz Hilperts Intendant des Deutschen Theaters in Göttingen, von 1976 bis 1981 auch Leiter der Bad Hersfelder Festspiele. Er ist als Regisseur von Zuckmayer-Stücken mit der Zuckmayer-Medaille ausgezeichnet.
„Katharina Knie“ wird am 23. September im Haus Dornbusch aufgeführt. nach oben
Zu einem lockeren Gespräch fanden anläßlich eines Empfangs im Römer für die Teilnehmer des Symposiums über Kinder- und Jugendtheater Frankfurts Kulturdezernentin Linda Reisch, der gerade vor seinem Abschied aus dem Intendantenamt stehende Günter Rühle und der Leiter des ‚Kinder- und Jugendtheaterzentrums in der Bundesrepublik Deutschland, Wolfgang Schneider (l.), zusammen. Die Tagung mündete in konkrete Überlegungen zur richtigen Vorgehensweise,in Frankfurt endlich ein eigenständiges Kinder- und Jugendtheater zu gründen. Günther Rühle erklärte: „Ich gehe aus meinem Amt mit dem guten Gefühl, daß dies Projekt in guten Händen liegt.“ Die ‚guten’ Hände gehören u.a. zu Linda Reisch, Rainer Mennicken, dem geschäftsführenden Dramaturgen vom Schauspiel Frankfurt und Wolfgang Schneiders. Alle vorliegenden Erfahrungen aus Ost wie West sollen für Frankfurt genutzt werden nach oben
Foto: W.-D. Köhler
Beide örtlich fest verwurzelten Frankfurter Kabarett-Theater verkünden, daß sie nach der Sommerpause mit neuer Kraft und neuen Ideen wieder ihre Kommentare zu unserer Zeit geben wollen. Das satirische Theater „Die Schmiere“ spielt in den letzten Augusttagen in vorsichtigem Anlauf ihr Programm von der Schnecke, die Amok läuft und fragt in ihrem zweiten Programm der Zeitrechnung nach ihrem Begründer Rudolf Rohlfs „Tragen Sie ihn links oder rechts“. Die Pressereaktionen auf die beiden in der letzten Saison von neuer Mannschaft herausgebrachten Programme waren freundlich. Mit jugendlichem Elan scheinen die jungen Leute unter der Leitung von Rohlfs Tochter die ersten Hürden genommen haben. Der gute Ruf des Vaters und seine sicherlich in die Produktionen eingeflossene Erfahrung werden sich bemerkbar machen. „Die Schmiere“ hat einen guten Ruf und hat Kabarettgeschichte in Deutschland gemacht. Dies sogar, obwohl sie immer rundum zugeschlagen hat, auch gegen die Medien, sich von keiner Seite vereinnahmen ließ. Sogar richtig pressefeindlich gibt man sich und nie wollte man bisher auf dem Bildschirm erscheinen. Subventionsgelder sind wie Teufelsschiß, man könnte sich daran die Finger schmutzig machen. Rohlfs Bücher trugen seinen Ruhm seit. Jahren in alle Welt, manche sind längst zu Raritäten, zu Sammlerstücken geworden, jüngst wurde Rohlfs sogar Surkamp-Autor! Jetzt ist er ein Denkmal und die Nachfolger strampeln, um irgendwann auch mal aus diesem Schatten herauszutreten.
Große Spielfreude wird dem neuen Team nachgesagt und die Eintrittspreise sind weiterhin unglaublich billig, den Programmzettel gibt es immer noch für nur zehn Pfennige. Dafür sind die Stühle und Sofas weiterhin so kaputt und durchgesessen wie eh und je. Aber gerade das macht ja den verqueren Flair dieses selbsternannten „schlechtesten Theaters der Welt“ aus. „Die Schmiere“ hat halt das, was man landläufig mit Charisma umschreibt.
Aber auch das andere Frankfurter Kabarett, das Resistenztheater „Die Maininger“, vor dreißig Jahren von Conny Reinhold und seiner Frau Christel Burgert, die man damals aus der Leipziger Pfeffermühle rausgeschmissen hatte,gegründet, dieses andere Frankfurter Kabarett hat Höhen wie Tiefen in ihrem Keller vermittelt. Dort sitzt man (vorne) auf roten Sofas, in tiefen Sesseln und hinten auf Stühlen. Kleine Tische nehmen Getränke auf, die man in Selbstbedienung zuvor an der Theke bekam.
Am 8. September laden Christel Burgert und Tochter Claudia Reinhold zum Tag der offenen Türen zwischen 17 und 2O Uhr in ihren Keller „wir fabulieren, musizieren und parodieren gemeinsam“ heißt es in der Einladung zum ‚Teamwork‚mit den Besuchern.
Die nächste Maininger-Premiere ist für den 26. September angekündigt. Jetzt, während der Vorbereitungszeit, geht es bei den beiden verbliebenen Mainingern rund, da wird auf DDR-komm-heraus getextet und es wird die Parole „Deutschland - da weiß man, was man hat!“ zum Titel erhoben. Mit einer Unterzeile und die lautet, vorläufig in Klammern gesetzt „Jetzt ohne Lösungsmittel“. Ob Christel Burgert sich überwinden konnte und wie so viele andere, die von drüben vertrieben wurden, eine kurze Rückkehr wagte? Wenn ja, dann werden wir im neuen Programm sehr Persönliches über drüben und hüben zu hören bekommen. nach oben
Im Vorjahr gab es zwei Theater in Frankfurt, die Schnitzlers „Leutnant Gustl“ für ihren Spielplan entdeckten. Im Goethe Theater spielte der riesige ‚Held‚ Karl Hoess den Offizier der k & k Armee. Das Theater in der Uni fand den kleinen Walter Spaleck für die Schnitzlerfigur. Gesiegt hat Karl Hoess. Das Goethe Theater soll am 4. September in San Francisco das Monolog Theater Festival mit seinem „Leutnant Gustl“ eröffnen. Bei dem riesigen Angebot an Monologstücken ist dies schon als besondere Ehrung zu verstehen und zugleich eine Werbung für die Wirtschaftsmetropole, die Goethe-Stadt am Main. Hoffentlich sind die Reisespesen für den Leutnant Hoess so berechnet, daß er ein passend langes Bett in San Francisco für sich findet und ausgeschlafen für Frankfurt den Österreichischen Offizier von gestern als Gegenstück zum Geist von heute spielen kann. Oder sollte er den Deutschen von heute im Schaafspelz von vorgestern exportieren? Dann wäre er ja reif für eine knackige Filmrolle in Hollywood - fast hatte es ja schon einmal geklappt, doch damals stieß man sich an dem belastenden Namen des Schauspielers. nach oben
Zum
Beginn der Buchmesse, in derem Mittelpunkt diesmal Japan steht, gibt es am 2.
Oktober im Großen Saal der Alten Oper ein Konzert unter dem Motto: „Music
Scenes - Tradition and New“. Zeitgenössische Japanische Musik wird auf
traditionellen Instrumenten gespielt. Tanz und Musik wird vom
Oranisationsausschuß für das „Japanische Jahr“ der Frankfurter Buchmesse
1990 angekündigt, unterstützt von der Japan Stiftung unter Mitwirkung von ‚Daiwa
Securities Co., Ltd., ein Konzert als Gemeinschaftsveranstaltung der Frankfurter
Kunstgemeinde und der Tokyo Concerts, Inc.
Das
„Tokyo International Music Ensemble“ gab im Frühjahr als Botschafter für
„The New Tradition“ erfolgreich schon Konzerte in den USA. Das Ensemble
spielte auf Instrumenten, die in Japan mehr als tausend Jahre bekannt sind - die
‚Shoh’, eine Mundorgel mit 17 Bambus-Pfeifen, dazu die ‚Hichiriki’, eine
„double reed pipe“ und die sogenante Drachenflöte „Ryuteki“, die sich
bis ins 8. Jahrhundert zurückverfolgen läßt, in die Zeit der Gagaku Musik,
jener höfisch vornehmen Spielweise, dazu die ‚Koto’(Harfe) und die ‚Shakuhachi‚,
eine Bambusflöte mit fünf Löchern. Jeder der Musiker der Gruppe ist
gleichermaßen Solist wie Teil des Kammermusikensembles. Der künstlerische
Leiter der Gruppe, Toshi Ichiyanagi, hofft darauf, daß dies Konzert in
Frankfurt eine neue Phase im kulturellen Austausch zwischen den europäischen Ländern
und Japan einleitet. Besonders interessant ist dabei für uns Europäer wie
zeitgenössische Komponisten für ein solches Ensemble zu komponieren vermögen,
denn angesagt ist ja für dies Konzert „zeitgenössische japanische Musik mit
traditionellen Instrumenten“ und unter den japanischen Komponisten ist auch
ein Name, der dabei besonders aufhorchen läßt: John Cage, dessen Komposition
„Ryoanji“ aufgeführt werden soll. Von den japanischen Komponisten wurde der
1930 in Tokyo geborene Toru Takemitsu durch Filmmusiken in breiterer Öffentlichkeit
bekannt. Von ihm wird die Komposition „In einem Herbstgarten“ aufgeführt;
von Tadao Sawai „Drei szenische Kapitel“, von Toshio Hosokava „Bird‚s
Fragments“ und von Toshi Ichiyanagi, dem Dirigenten bzw. künstlerischen
Leiter, die Komposition „Der Weg“. Nach den Titeln wäre ‚Programm’-Musik
zu erwarten, doch da wird es ungewöhnliche neue Hör-Erlebnisse geben - gleich,
ob auf alten japanischen Instrumenten oder ‚neuen’westlichen. Vielleicht ist
eine instrumentale Kontinuität zu erwarten, die es bei uns in dieser Form nicht
gibt. Ein Konzert, das Neugier weckt.
Zu
diesem Konzert ist noch eine Ausstellung mit Bildern von Seyma Soydan aus dem
japanischen Kinderbuch „Der goldene Vogel“ angekündigt. nach
oben
Heinz
Drache auf den Spuren des großen deutschen Komödienschreibers, Schauspielers
und Regisseurs Curt Goetz (1888-1960). Drache inszeniert dessen Kriminalkomödie
„Hokuspokus“ aus dem Jahr 1925 und er spielt auch den Verteidiger im zur
Verhandlung anstehenden Mordfall: eine
sehr sympathische Frau soll ihren Ehemann getötet haben. Hat sie ihn wirklich
ertränkt, ist sie einer derartigen Tat überhaupt fähig?
Ein
außerordentlich bühnengemäßes Stück, ein Theaterstück, das aber auch fürs
Kino entdeckt wurde und zwar mehrfach: In der ersten Verfilmung, 193O, spielte
der damalige Publikumsliebling Willy Fritsch den Anwalt, Lilian Harvey war die
Angeklagte, nach dem Krieg inszenierte Curt Goetz sein Stück mit seiner Frau
Valerie von Martens, zuletzt kam 1966 die Verfilmung mit Heinz Rühmann in die
Kinos. Liselotte Pulver spielte die gar nicht so traurig Unglückliche, die dem
Gericht so viele Rätsel aufgibt. Jetzt also kommt Heinz Drache, eher ein
Kommissar-Typ, und übernimmt die Bürde der Rollenvergangenheit. Wem wird er ähneln:
Fritsch, Goetz oder Rühmann? Doch die ganz große Frage ist für das
Tourneegastspiel der Frankfurter Kunstgemeinde am 3. Oktober im Haus Griesheim
noch offen: Wer spielt die als Mörderin angeklagte Gattin?
Der
Theatersaal Bürgerhaus Griesheim wird zum Gerichtssaal. Sollte das Publikum übers
Schmunzeln hinaus auch gewisse Gruselgefühle bekommen, so wäre das nicht
weiter schlimm, falls aber zu große Heiterkeit um sich greifen sollte, wird
sich das Gericht zum Einschreiten veranlaßt sehen. Schließlich ist ein
Gerichtssaal ja kein Theater, in dem man beliebig „Hokuspokus“ treiben darf!
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Es
gibt zwar den Spruch, der fürs sparsame Haushalten wirbt, damit man in
Notzeiten auch etwas hat. Wer aber glaubt vorgesehene Opernbesuche sparen zu
sollen, wäre jetzt völlig falsch beraten: Die Oper spielt vorerst nur bis zum
4. Januar 1991. Letztmalig ist dann von Mozart "La clemenza di Tito"
auf der Bühne des Großen Hause zu erleben. Am 5. Januar gibt es ein
Operettenkonzert sozusagen als `Rausschmeißer`, am 6. Januar darf sich das
Frankfurter Ballett nochmals über die große Bühne des Schauspielhauses, in
dem das lange Gastspiel der Oper brandbedingt stattfand, freuen. Ab 7. Januar
wird umgebaut. Dann hat es sich im Schauspielhaus ausgesungen und ausgetanzt.
Und die neuen Verhältnisse beginnen erst wieder im April, ein richtiges
Abonnement, in das Opernbesuch mit eingeschlossen ist, kann erst ab der Saison
1990/91 - wenn nichts dazwischenkommt (!) - aufgelegt werden.
Jetzt
wird wichtig:
Keine
Opernbesuche aufsparen. Am Ende des Jahres wird es möglicherweise sogar eine
Platzverknappung geben, weil man sich noch diese oder jene Inszenierung ansehen
möchte und Gutscheine gehamstert hat. Sparsamkeit ist jetzt nicht angebracht.
Alle
Gutscheine müssen noch im Jahr 199O eingelöst werden
Im Spielplan der Oper gibt es ab 8. September "Iphigenie en Tauride", "Die Nase", "Monsieur Beaumolais und seine Truppe", "Macbeth", im Oktober kommt noch nach der letzten Premiere mit Verdis "Macbeth", die vor der Sommerpause stattfand, die Neuinszenierung vom "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" in den Spielplan. Dies wird sicherlich eine besondere Bereicherung sein, handelt es sich doch um ein Werk, das unterhaltend wie (ehemals?) schön aggressiv ist. Wiederaufgenommen wird im Oktober die Schlöndorf-Inszenierung von Puccinis "La Bohème" (am 24.) und die wohl unverwüstliche "Tosca" (am 26.) mit der großartigen Galina Kalinina, die in Frankfurt schon Triumphe feiern konnte. "Der Zigeunerbaron" erscheint am 31. Oktober wieder im Spielplan, aber mit nur einer Wiederholung (2. Nov.). Am 8. November "La nozze di figaro". Am 18. gibt es die Wiederaufnahme von Verdis "Un ballo in maschera", tags drauf "Ariadne auf Naxos" von Richard Strauss. Am 24. November taucht auch Wagners "Der fliegende Holländer" wieder im Spielplan auf. Dann, im Dezember, könnte es eng werden im Großen Haus, doch es gibt nur Wiederholungen des Repertoires aus den Herbstmonaten. nach oben
Ein
großangelegtes, breitgefächertes Vorstellungsfest wird es vom 28. bis 3O.
September durch die Kulturinitiative Freier Gruppen Frankfurts in den Proberäumen
der Borsigallee 33 (schräg gegenüber vom Hessen Center) geben. Es wird
Theater, Kabarett gemacht, es wird gesungen, gespielt, in die Saiten gegriffen.
Wie es heißt würden sich alle Gruppen beteiligen, so das ein Übersichtsfestival
über die künstlerische Potenz der Frankfurter Freien Gruppen innerhalb von
drei Tagen zu erwarten sein wird! Die Organisation der Veranstaltung wird vom Theaterhaus übernommen.
Genaue Programminformationen sollen erst Anfang September herauskommen.
Festgelegt wurden schon die Preise für den Besuch. Tageskarten wird es für 15
DM geben. Die Dreitageskarte soll nur 33,- DM kosten. Natürlich wird es auch
ermäßigte Karten geben und Kinderkarten für das Nachmittags-Kinderprogramm. nach
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Zuerst
war da der Roman von Jean Cocteau „Die schrecklichen Kinder“, dann kam Klaus
Mann der Stoff dieser unglücklichen jungen Menschen für ein Theaterstück in
den Sinn. Klaus Mann, Sohn von Thomas Mann, ist, wie Michael Töteberg vor zwei
Jahren schrieb, als Dramatiker noch zu entdecken. Doch der 4O. Todestag des
Dichters ging ohne Entdeckergelüste unserer Bühnen vorüber. Im Arena-Theater
an der Krebsmühle Oberursel wird Klaus Manns Stück „Geschwister“ am 25.
und 26. August durch eine Freie Gruppe, die sich den offenen Namen „Ein OFF
Theater“ gegeben hat, aufgeführt. Premiere war Anfang Juni in Darmstadt.
Berichtet wird: „Die Produktion erzielte sowohl bei jugendlichen Zuschauern
als auch bei gesetzterem Publikum einen unerwartet großen Erfolg. Die Thematik
des Stücks, eine sich zerfleischende Geschwisterbeziehung, hatte besonders auf
das jugendliche Publikum ungeahnte Wirkung, so daß sich eine beeindruckende
Spannung im Publikum aufbauen ließ, die Vorstellung aber dennoch ‚auf
schaurige Weise vergnüglich‚blieb.“
Über
die Arbeit am Stück heißt es: „Der Kampf mit einem unterdrückten Gefühlsleben,
die Flucht in eine Welt, in der alles erlaubt ist, in der jedoch Mechanismen
wirken, die der emotionalen Freiheit Grenzen setzen und die Betroffenen in Zerstörung
und Selbstzerstörung treiben, hat die Gruppe fasziniert und zu dieser Stückauswahl
bewegt.“
Ziemlich
getreu am Original blieb die Uraufführung 1930 in den Münchner Kammerspielen,
damals aber nicht als Stückangebot ans breite Publikum, sondern als
‚Nachtstudio‚- immerhin handelt es sich um ein diffiziles Thema, das schon
im Stücktitel offen kundgegeben wurde. Bei Cocteau ist der Romantitel „Les
enfants terribles“ eher doppelbödig zu verstehen, fast wie eine Klage
vielgeplagter Eltern. Aber in München mußte das Stück wohl beim angepeilten
Publikum einen echten Durchfall erleben, denn, wie Adolf Fink anläßlich der
Wiesbadener Inszenierung vor zwei Jahren schrieb: „ Es war, wie es im
‚Wendepunkt‚heißt, „ein geräuschvoller Durchfall. Der Grund? Nichts von
den politischen und geistigen Turbulenzen der Zeit, statt dessen das
exzentrische Thema eines Geschwisterinzests. Doch stand nicht auch für den
Autor selbst das Privat-Obsessive im Vordergrund, als er die geliebte Schwester
Erika bat, die Hauptrolle zu spielen?
Was
in München noch zu einem Skandal führte, was auch in der Dichterfamilie der
Manns zu heftigen Auseinandersetzungen führen mußte, läßt aber auch heute
noch nicht ganz kalt. Vielleicht ist auch dies Stück letztlich für die Spielpläne
unserer Theater wirklich noch zu entdecken!
Das
junge freie Ensemble weist sechs Namen auf. Die Inszenierung besorgte Hanno
Hener, das Bühnenbild Ralph Gruner und Isabel Raabe, die Kostüme Uschi
Hesse-quack.
Überraschend
an der neuen Inszenierung ist die Tatsache, daß auf eine längere
Originaltextpartie des Romans von Cocteau zurückgegriffen wird. „Die
somnambulen Spiele der Geschwister, ‚die für die Kindheit geschaffen waren
(...), denen es nicht in den Sinn kam, daß das Leben ein Kampf war, daß sie
sich als Schleichware durchbrachten, daß das Schicksal sie duldete (...)‚
(Cocteau), das Verreisen in Traumphantasien füllte Klaus Mann mit eigenen
Kindheitserinnerungen auf, die- durch eingeführte Codewörter dramatisiert - allzu leicht ins Infantile und Lächerliche abgleiten.
Hier
nun will sich die Inszenierung der Theatergruppe deutlich von der Mannschen
Fassung absetzen. Eine ganze Textpassage bei Klaus Mann ist gestrichen und durch
eine entsprechende aus Cocteaus Roman ersetzt.“ nach
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Das erste Konzert im Zyklus A wird am 15. September im Großen Saal der Alten Oper die Begegnung mit dem Orchestre de Paris unter der Leitung von Semyon Bychkov vermitteln. Auf dem Programm stehen von Carl Maria von Weber die Freischütz-Ouvertüre, von Richard Strauss die Sinfonische Dichtung „Don Juan“ op. 20 und von Sergei Rachmaninow dessen Sinfonie Nr. 2 e-moll op. 27.
1889 - also vor 101 Jahren - brachte Strauss (1864 - 1949) seine Tondichtung für großes Orchester in Weimar zur Uraufführung und er hatte einen außerordentlichen Erfolg beim Publikum, ein Erfolg, der bis in unsere Zeit ungebrochen ist. Strauss hatte die kompositorische Linie Berlioz, Liszt fortentwickelt, nutzte viele Klangfarben im Orchester, fügte seiner ersten Orchesterfantasie „Aus Italien“ einen großen kompositorischen Wurf an. Jugendlicher Elan treibt die Musik über alle Untiefen geistig-sinnlicher Ansprüche hinweg. Für die damalige Zeit war das fürs Publikum neu und entbehrte nicht gewisser provokativer Protestelemente. Gerade das macht ‚Jugendwerke‚ für alle Zeiten so interessant. Ein Mann wie der Don Juan ist auch ewig unzufrieden und unbefriedigt, auf der Suche nach Neuem, gegen das Gestrige. Strauss hatte als junger Kapellmeister in München an der Hofoper einiges auszuhalten, er hatte eine künstlerisch gesunde Wut in sich. Das macht seine musikalische Dichtung über alle Zeiten hinweg so mitreißend.
Richard Strauss nutzte Nikolaus Lenaus dramatisches Fragment „Don Juan“ für seine Tondichtung und stellte es seiner Partitur voran.
„Den Zauberkreis, den unermeßlich weiten,
Von vielfach reizend schönen Weiblichkeiten
Möcht‚ ich durchziehn im Sturme des Genusses,
Am Mund der Letzten sterben eines Kusses.
O Freund, durch alle Räume möcht‚ich fliegen,
Wo eine Schönheit blüht, hinknien vor jede
Und wär‚s auch nur für Augenblicke, siegen...
Ja! Leidenschaft ist immer nur die neue;
Sie läßt sich nicht von der zu jener bringen,
Sie kann nur sterben hier, dort neu entspringen,
Und kennt sie sich, so weiß sie nichts von Reue...
Aus der Komposition, der ein ‚Programm‚zugrunde lag, wurde trotzdem keine ‚Programm-Musik‚! Nicht das Gedicht wurde illustriert sondern ein Lebensgefühl, ein Freiheitswunsch, der Grenzen einzureißen versucht, der gegen Mauern stürmt.
Die nach der Konzertpause folgende 2. Sinfonie vom neun Jahre jüngeren russischen Komponisten Sergei Rachmaninow (1873 - 1943) wurde 1908 unter seiner Leitung in Petersburg uraufgeführt. Schwermütig beginnt das Werk, entwickelt aber aus der langsamen Einleitung des ersten Satzes Dramatisches, im zweiten Satz ergibt sich ein fast marschmäßiges Vorwärtsschreiten. Im Dritten emtwickelt sich tiefe lyrische Offenbarung, aus der das stürmische Finale den Zuhörer packt und mitreißend wirkt. Eine geschlossene Wirkung ist für die ganze Sinfonie unverkennbar. Dies Werk an den Abschluß des Konzertes nach der Sinfonischen Dichtung von Richard Strauss zu setzen, wird sicherlich seine Berechtigung finden und für einen anregenden wie genußreichen Konzertabend sorgen.
Das erste Konzert im Zyklus B bringt einen Monat später, am 15. Oktober den großen Abend der sogenannten „Mozart-Akademie“ zur Erinnerung an Mozarts Konzert in Frankfurt am 15. Oktober 1790. nach oben
Die Ausstellung in den Foyers des Hessischen Rundfunks in der Bertramstraße mit den alten Fotos aus der Geschichte des Rundfunks in Hessen gehört der Vergangenheit an. Aber der rührige Eichborn Verlag hat dafür gesorgt, daß nichts in dunklen Archiven dem Blick der Öffentlichkeit vorenthalten bleibt. Auf 237 Seiten drängen sich in einer Paperbackausgabe (48,- DM) und in einer Vorzugsausgabe in gebundener Form 58,- DM) etwa 4OO Fotos und viele Texte zur Rundfunkgeschichte unseres Senders. Die hr-Mitarbeiter Heiner Boehncke (Publizistik) und Michael Crone (Dokumentation und Archive) sowie Hans Sarkowicz (Kultur aktuell) sitzen an der Quelle und wühlten und suchten und wurden fündig. So viele alte Fotos wurden für die Zeit ab 1923 gefunden, daß bei vielen nicht einmal mehr die Urheber ermittelt werden konnten.
„Seit aus Frankfurt/Main gesendet wird, seit dem 1. April 1924, hält man das neue Medium im älteren der Fotografie fest. So entstanden ‚sprechende Bilder‚, die von der Geschichte des Rundfunks in Hessen auf spannende Weise erzählen können“ meint Intendant Prof. Hartwig Kelm. Aber es gibt auch eine hessische Fernsehgeschichte. Auch sie wird mit Fotos belegt. Im Scheinwerferlicht, bereit für die Kamera, finden wir eine Tänzerin und eine Jodlerin und darüber einen Bericht vom 21. November 1937 anläßlich der Rhein-Mainischen Rundfunkschau. Julius Lothar Schücking schrieb in „Das Deutsche Wort“ vom 12. Mai 1935 u.a.: „Wir ringen um den Aufbau und die Befestigung einer Weltanschauung für Jahrhunderte ... Würden Theater und Kino alltäglich für jedermann, zu jeder Zeit erreichbar, so ist es mit einem erheblichen Teil ihrer tieferdringenden Wirkungen vorbei ...“
Am 7. Dezember 1923 wurde in Frankfurt der Rundfunk aus der Taufe gehoben - er hieß: „Südwestdeutscher Rundfunkdienst“. Damals war inhaltlich wie in der Machart noch alles offen. Rezitationen wurden ‚zu Gehör‚gebracht, Musikstücke gesendet. Das Hörspiel war noch zu erfinden. Eine Reihe von Fotos dokumentiert dann die Entwicklung des Hörspiels bis in unsere Tage. Viele bekannte Gesichter tauchen auf - unheimlich jung noch vor zwanzig, vor dreißig und vierzig Jahren. Vor vierzig Jahren wurde die ARD gegründet. 1949 übergaben die Amerikaner die Rundfunkanstalt „Radio Frankfurt“ in deutsche Hände. Die „Authorization“ Ermächtigungs-Urkunde ist abgedruckt. Vieles ist in dem Band „FunkBilder“ zu entdecken. Auch die eigene Geschichte des Zuhörens! Natürlich ist auch die Geschichte des hr-Fernsehens in Bild und Wort: „Vom Staunen der Zuschauer“ (Wolf Hanke) und „Fiktion in Szene setzen, Anmerkungen zum Fernsehspiel“ (Hans Prescher) lesenswert im Eichborn-Buch „FunkBilder“, das im Sommer herausgekommen ist.
Das sind Mitmacher und Mitmacherinnen von Brechts „Turandot oder der Kongreß der Weißwäscher“, der dritten Produktion des ‚neuen neuen theaters’, die im Neuen Theater Höchst am 19. September Premiere hat. Weitere Vorstellungen finden am 21. und 22. statt. Es wird mitgeteilt: „Nach dem großen Erfoilg der zweiten Produktion ‚Jedem ein Stück’setzen Gert Beck, Claudia Potempa und ihre Truppe junger Leute zwischen 17 und 25 Jahren noch eins drauf und wagen sich an einen großen Namen: Bertold Brecht, mit seinem letztem fertiggestellten Bühnenwerk (entstanden 1953). ‚Turandot’ist kein realistisches, keinm Lehrstück, keine Parabel - eher eine analytische Satire auf den liberaldemokratischen Staat und seine Intellektuellen.“ Vielleicht ein Stück in die Auseinandersetzungen um die liberale Zusammenführung zweier deutscher Staaten...? Wehe dem, der zu tief gräbt, noch schlimmer steht’s um jene, die fündig werden. Soll jeder Wendehals einzeln zur Rechenschaft gezogen werden; sollte Brecht vergönnt werden, ein zweites Turandot-Stück zu schreiben? Wer ist bester Kopfdreher, wer wäscht am weißesten? 1954 war Brecht wohl entgültig mit seinen Weißwäschern fertig, 1969 wurde dies Stück am 9. Januar in Zürich in ganz großer Besetzung uraufgeführt. Jetzt also das ‚Seitenstück zu seinem „Arturo Ui“, das Stück über die ‚Tuis’im Frankfurter Stadtteil Höchst. Vielleicht wird’s ein Ereignis. Foto: Neues Theater nach oben
FOTOS (evtl. werden die noch hinzugefügt)
John Lennon (1940-1980) ist am
28. September ein Erinnerungsabend im Großen Saal der Alten Oper gewidmet, ein
Abend, den Rock- und Popsänger, Liedermacher, Instrumentalisten,
Musikformationen und ein Tänzer gemeinsam gestalten.
Foto mit freundl. Genehmigung der Emi-Elektrola
Am 16. August werden die
Frankfurt Feste `90 mit Karlheinz Stockhausens "Hymnen" unter der
Leitung des Komponisten eröffnet. "Wenn nur ein Hauch dessen gespürt,
verstanden würde, wofür ich mich in den `Hymnen` hergebe, wäre dieses Werk
sinnvoll. Ich mache mir keine Illusionen, die Kriege mit ihren Folterungen hörten
morgen auf. Im Gegenteil: Ich sehe schreckliche Prüfungen auf uns zukommen. Ich
kenne den unendlich langsamen Weg vom unbewußten zum bewußten Menschen, vom
dumpfen Tier in uns bis zu dem erleuchteten Wesen, das wirklich weiß, wozu es
lebt und in welche Zukunft es will." (Karlheinz Stockhausen). Den Eröffnungsabend
gestalten Markus Stockhausen, Simon Stockhausen, Andreas Boettger, Michael
Svoboda mit der Jungen Deutschen Philharmonie. Beginn ist um 19.3O Uhr.
Foto: Alte Oper
Wer ist er: Becker oder Kröhnert oder einer von vielen möglichen und unmöglichen Politikern, die es den Kabarattisten gleichermaßen leicht machen und ihnen zugleich das Wasser abgraben? Der Linke oder der Rechte, wer ist der Echte? Foto: Veranstalter
So unglaublich temperamentvoll wie auf dem Foto geht es in der Neuinszenierung von Verdis Melodrama in vier Akten nicht zu, das Foto aber gibt Einblick in die Mordmaschinerie, die der Machthunger einer Frau auslöst. Lady Macbeth ist in ihrer Machtpositionsstrategie bei Verdi wie in Shakespeares Drama die treibende Person mit jener elementarer Kraft, die Männer ins Unglück, zumindest aber in den Tod stürzt. Zur Premiere waren Stimmen im Publikum laut geworden, das Tempo zu beschleunigen. In den letzten Reihen vom Großen Haus, besonders in der allerletzten Reihe kamen Handlung wie Musik möglicherweise ‚verspätet‚ an. Das Foto hingegen beweist wie die Inszenierung von Cesare Lievi gemeint sein könnte. Foto: A. Pohlmann nach oben
Immer wieder gibt es in Wolfgang Kausr Bearbeitung von Arnold und Bach „Die Spanische Fliege“ im Frankfurter Volkstheater Anlaß zu großen Gesten. Sie passen zu den Situationen wie auch zur Garderobe, zu den riesigen Hüten. Irene Rohde weiß in obiger Szene als Frau Meisel augenscheinlich gerade nicht, wie ihr geschieht, was sie sich im Kommenden noch an Gefühlen wünschen sollte. Dieter Schmiedel, der einen Schwager spielt, weiß nicht recht, was er mit ihr anfangen sollte, dürfte, könnte oder gar müßte. Eine der vielen kuriosen Situationen in diesem Schwank, der vor der Sommerpause schon die Lacher auf seiner Seite hatte. Ab dem 6. Oktober wird „Die Spanische Fliege“ wieder aufgenommen und bis einschließlich 27. Oktober auf dem Spielplan stehen. Walter Flamme spielt einen Schwerennöter, der - wie zwei andere Väter - zur Kasse gebeten wird. Beruflich hat er Senffabrikant zu sein und er ist es im Stück auch so richtig aus Profession und Leidenschaft. Seine Gattin hingegen wittert Unrat, spürt Geheimnisse, ist in Ursula Köllners Bühnenpräsenz ganz und gar nicht zurückhaltend, sie denkt, ahnt und hofft letztlich doch, daß das Allerschlimmste sich nicht bewahrheiten möge. Fast ist in diesem Schwank ein kleiner Krimi verborgen. Der Darsteller von Goldonis „Lügner“, Wolff von Lindenau, zur Sommerzeit offenherzig im Klosterhof hinter allen Frauen her, spielt hier einen recht ehrsamen jungen Rechtsanwalt. Aber er ist verliebt - auch so etwas ganz Einfaches kann zu Verwicklungen in einem Schwank führen, unbewußt und ungewollt Fallstricke auslegen, über die andere treusorgende Ehemänner stolpernd sich den Ehehals brechen. Regie führte Karlheinz Heß, der auch in seiner Inszenierung auf der Bühne steht und somit allabendlich sowie sonntags ab 15,3O Uhr seine Regiearbeit im Auge behält. Nichts ist schwieriger als einen Schwank glatt auf die Bühne zu bringen. „Die Spanische Fliege“ beweist im Volkstheater so etwas wie unverwüstliche Kraft.
(Montags ist spielfrei!). nach oben
In der Schriftenreihe des Deutschen Filmmuseums, herausgegeben von Hilmar Hoffmann und Walter Schobert, erschien ein Handbuch zum Thema Experimentalfilm. Ein Randthema auf dem Sektor Film? Ja, wenn man Film mit Kino und Kino mit Unterhaltungs und Ablenkungsinstrument für breite Massen nimmt. Genaugenommen aber hat diese Aufgabe längst das Fernsehen übernommen. Seit es Verkabelung und Satelliten gibt, müssen sich die Filmhersteller, die für die noch vorhandenen kleinen und großen Lichtspielhäuser produzieren, schon etwas Besonderes einfallen lassen. Woher aber die vielen dafür notwendigen Einfälle nehmen? Zwar wird ein Erfolg rasch von anderen übernommen, auch im Kino gibt es ‚Serien‚, Teile, die sich selten zu einem Ganzen fügen. Aber die originären Ideen, wo kommen die her? Da muß experimentiert werden, es wird ausprobiert, dies im technischen wie im künstlerischen Sinne. Grenzen für Experimentelles gibt es nicht. Ingo Petzke, geb. 1947, seit 1983 Professor für Film und Video an der Fachhochschule Würzburg, Filmemacher, Filmjournalist und Filmorganisator, brachte schon 1986 eine Arbeit „Film und Video an Kunst-, Fach-, und Gesamthochschulen - eine komparative Studie zur Ausbildungssituation in der Bundesrepublik Deutschland“ heraus, sammelte für sein „Experimentalfilm-Handbuch“ Beiträge, die das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchten. Dem „üppig wuchernden Schattendasein am Rand der öffentlichen Wahrnehmung“ des Experimentalfilms wird zwar dies Buch kaum eine Breitenwirkung ermöglichen, doch es führt Ansichten, technisch wie künstlerisch Erreichtes, Theoretisches und Historisches zum Thema vor. Sogar Hinweise gibt es auf ‚Anlehnungsmöglichkeiten‚, dies jedoch ist völlig legitim. Das hat nichts mit Anweisungen zum simplen Abkupfern zu tun. Andererseits brauchen die Multiplikatoren wie Programm-Macher Hilfen an die Hand. An den Filmhochschulen sollten Gelder in Schulungsproduktionen gesteckt werden und nicht in dickleibige Bücher. Mit 385 Seiten handelt es sich nämlich beim vorliegenden Handbuch des Filmmuseums doch um ein recht umfangreiches Werk. Redaktionsschluß war schon 1987 im März, doch erst im Mai 1990 wurden Exemplare an die Presse verschickt. Organisatorische und finanzielle Gründe werden für die Verzögerung geltend gemacht.
In seinem Beitrag „Kopf-Werk & Hand-Zeug“ weist Helmut Herbst, Filmpraktiker wie die meisten Autoren im zweiten Teil des Buches, darauf hin, das es im experimentellem Film keine Trennung von Kopf- und Handarbeit gibt. „Ein Film-Konzept, das wissen alle Filmemacher, die einen persönlichen Weg mit ihrer Arbeit gehen, ist immer auch ein technisches Konzept. Auf der anderen Seite definiert sich das kommerzielle Kino durch seinen arbeitsteiligen Herstellungsprozeß“.
Der experimentelle Film - das gilt natürlich auch für den sogenannten Avantgarde-Film - ist immer auch politisch zu verstehen, ist verändernd und nicht bejahend gegebenen gesellschaftlichen Verhältnissen gegenüber. Zensoren würden sich der Lächerlichkeit aussetzen, wenn sie sich gegen Worte wenden, die beispielsweise als Ersatz für verbotene Bilder auf der Leinwand erscheinen. (Michael Snows Filmarbeit „So Is This“, Kanada 1982)
„But don‚t you undertstand?/These movies are art!“ meinte schon Andy Warhol, fragt sich nur, ob es nicht doch für alles Grenzen irgendwo auf der Erde gibt. Nicht überall sind Bilder durch Worte zu ersetzen oder Bilder zur Kunst zu erklären und damit innerhalb eines Schutzwalles anzusiedeln!
Ulrich Gregor, Werner Biedermann, Birgit Hein, Marielle Hahne, Helmut Herbst, Heiko Daxl, Noll Brinckmann, Alf Bold, Michael Kötz, Dietrich Kuhlbrodt, Güner Minas, Chuck Kleinhans und Ingo Petzke lieferten Aufsätze für das Experimentalfilm-Buch. Walter Schobert erstellte mit Ingo Petzke die Bibliographie. Über Studienmöglichkeiten, Förderungen, Spielstellen, Festivals, Verleih und Institutionen/Organisationen berichtet der ‚Praktische Teil‚ausführlich. Der Preis von 39,8O DM ist entsprechend subventioniert, normalerweise müßte er weitaus höher sein.
Ursprünglich war erwünscht, daß die jährlichen Frankfurt‚Feste an ganz verschiedenen Orten in der Stadt und möglichst auch noch unter Beteiligung anderer Kulturinstitute stattfinden. Dazu jeweils ein frühzeitig gefundenes Thema, ein Gedenken oder Vorausschauen, ein gesellschaftliches Befindnis oder ein gewisses Gefühl, ein Anlaß oder was auch immer an Begründungen für Kulturtage in einer Stadt jenen Reiz auszumachen ist, um Menschen aus allen Himmelsrichtungen in diese Stadt zu reisen zu veranlassen - mit einem Wort: Frankfurt, die Festspielstadt am Main.
„Musik! Was ist Musik?“ lautet der Oberbegriff für die Frankfurt Feste ‚90. An sich nicht gerade vielsagend, doch alles, was mit Tönen, Klängen und Takt zu tun hat, umreißend. Folgerichtig wurde auch ein Programm zum ehrfürchtigen Erstaunen zusammengestellt. Ein Programm, das im seiner Veranstaltungsfülle selbst ausgehungerten Musikfreunden das Fürchten lehrt.
Niemand aber muß sich in einen Abonnementtotalzwang hineinbegeben, wenn auch die einzelnen Abteilungen dieses Frankfurter Festivals, das seit einigen Jahren einzig von der Alten Oper ausgerichtet wird - Konzertveranwtalter wie die Frankfurter ‚Kunstgemeinde‚mit den Tschaikowsky-Konzerten eingeschlossen
Oder die Katholische Akademie Rabanus Maurus sowie die Gesellschaft für Neue Musik in Cooperation mit der Alten Oper, die Vorträge, Round Tables, Gespräche mit Komponisten zum Thema „Fremdsprache Musik?!“ ein Symposium veranstaltet. So schleichen sich doch verschiedene Mitveranstalter in die Frankfurter Feste - gewollt - ein, wenn auch die Städtischen Bühnen weder als Schauspiel, noch als Oper oder Ballett in Erscheinung treten. Die Alte Oper richtet letztlich ohne all die anderen Frankfurter Institute, ohne das Künstlerhaus Mousonturm, ohne das Literaturhaus, ohne die Romanfabrik und ohne das Gallus-Theater ihr Frankfurt Festival aus.
‚Pro Arte‚steuert zum Beginn unter dem Oberbegriff „Orchester der Welt“ das Gustav-Mahler-Jugendorchester unter Vaclav Neumann mit Mahler, Krenek und Dvorak bei, der Hessische Rundfunk beteiligt sich im August an Thema „Andere Kulturen - Musik aus fernen Ländern“ und bringt am 28.August die tanzenden Mewlewi Derwische aus Konya/Türkei. Mit „Orchester der Welt“ präsentiert ‚Pro Arte‚das San Francisco Symphony Orchester unter Herbert Blomstedt mit Bruckners Sinfonie Nr. 5 am 3O. August, am 12. September folgt ein Konzert der Bamberger Symphoniker mit Strauss und Mahler (Lied von der Erde). Am 14. September präsentiert der Hessische Rundfunk als ‚Orchester der Welt‚das eigene Radio Sinfonie Orchester unter seinem neuen Chefdirigenten Dimitrij Kitajenko mit einem normalen Sinfonie-Konzert-Programm: Tschaikowsky, Schumann und Brahms. Am 15, September bringt die Frankfurter Kunstgemeinde in einem Konzert nach Weber und Strauss durch das Orchestre de Paris von Sergej Rachmaninoff die Sinfonie Nr. 2, eine der drei Sinfonien, die wohl doch im üblichen Konzertprogramm traditionell schon zu kurz kommen. Über aus Amerika herrührende negative Gefühle gegenüber Rachmaninoffs Sinfonien ist ein ‚Orchestre de Paris‚natürlich erhaben! So kann man in den Genuß von Rachmaninoffs zweiter Sinfonie kommen!
Auch die Frankfurter Museumsgesellschaft beteiligt sich im Rahmen der Reihe:“Orchester der Welt“ an den Frankfurt Festen ‚90 der alten Oper und bringt am 23. September das Frankfurter Opernhaus- und Museumsorchester unter Garcia Navarros Leitung mit Alicia de Larrocha (Klavier) und Marcela Holzapfel (Sopran) mit Werken von Hindemith, Mozart und Manuel de Falla. (Wiederholung am 24. September). Am 26. September ist das Radio Sinfonie Orchester Frankfurt unter Erich Leinsdorf mit Richard Strauss‚Bläserserenade Nr. 1, mit Brahms Serenade Nr. 2 und mit dem Kuß der Fee von Stravinsky in die Frankfurt Feste erneut als „Orchester der Welt“ eingebunden. (Wiederholung am 27. September).
Die Frankfurter Kunstgemeinde veranstaltet in Verbindung mit der Alten Oper im Rahmen der diesjährigen Feste die Konzerte zum 150. Geburtstag von Tschaikowsky: am 29. September ist der erste der sechs Konzertabende mit den Orchesterwerken von Tschaikowsky.
Der Frankfurter Bach Verein e.V, bringt in Verbindung mit der Alten Oper ein Kontrast- ein Begegnungsprogramm unter den beiden Komponistennamen „Bach - Boulez“ am 4. Oktober mit Johann Sebastian Bachs Englischer Suite Nr. 4 F-Dur BMW 809 und Pierre Boulez „Structures Buch 1, mit „Eplosante Fixe“ und „Sonatine“; am 5. Oktober folgt die Englische Suite Nr. 6 von Bach und von Boulez das Structures Buch 2, am 6. Oktober gibt es von Bach die Englische Suite Nr. 3 g-moll und von Boulez „Le Marteau sans Maitre“. Somit sind Frankfurter Konzertveranstalter in die Frankfurt Feste dieses Jahres wieder mit eingebunden.
Im Frankfurter Kunstverein im ‚Steinernen Haus’am Römer wird umgebaut. Trotzdem finden - zuweilen geräuschvoll untermalt - die schon lange erwartete Ausstellung mit den so und so interessanten Werken von Everon, dem Collagisten, Foto und Polaroid-Künstler im zweiten Stock statt. Er breitet eine ihm eigene Welt, zugleich eine Welt geheimer allgemeiner Sehnsüchte aus. Ein Werk, das über die Jahrhunderte hinwegreicht, barock auch in seinen Zitaten ist. Everons Handwerkszeug ist aber weniger der Pinsel des Malers, es ist der Bilder produzierende Fotoaparat. Aber Everon inszeniert seine Bilder. Die Natur, die Triebe, das Sich-von-selbst-Darstellende, ist das alles trivial gegenüber seinen optischen Ergebnissen
Die noch bis zum 9. September zu sehende Werkschau „Evergon 1971 - 1987 wurde vom Canadian Museum of Contemporary Photography, Ottawa , unterstützt durchs ‚External Affairs Canada’ ermöglicht.
Am 6. September gibt es ein Werkstattgespräch, das durch die Unterstützung der Kanadischen Botschaft, Bonn, ermöglicht wurde.Obiges Foto zeigt ein Teil vom Triptychon, das „Re-enactment of Goya‚s „Flight of the Witches ca. 1797-1798 im Detail von 1986, aufgenommen von Everon mit Groß-Polaroid (über das Wie seiner besonderen Technik wird der Künstler sich im Werkstattgespräch gern befragen lassen)
Am 19. September findet im Großen
Saal der Alten Oper ein Konzert des Frankfurter Ensemble Modern statt, das in
mehrfacher Beziehung besondere Aufmerksamkeit nicht nur der Frankfurter
Musikwelt auf sich zieht: Das inzwischen in aller Welt zu größter Anerkennung
gelangte Ensemble junger Musiker bringt im Rahmen der Frankfurt Feste zu
"Response `90" zwei Kompositionen zweier lebender Komponisten und kann
unter Markus Stenz Leitung die London Sinfonietta Voices und das Vokalensemble
Frankfurt, dazu noch einen Tenor einsetzen. Auf dem Programm stehen von dem 1934
geborenen Engländer Harrison Birtwistle "Prologue für Tenor und 7
Instrumente" (der Text stammt aus der "Orestie des Aischylos) und von
dem 1922 in Rumänien von griechischen Eltern geborenen Iannis Xenakis die Suite
"Oresteia". Ein in sich thematisch verschränktes Programm musikalisch
aber unterschiedliche Wege beschreitender Komponisten. Xenakis kompositorisches
Frühwerk war stärkstens von griechischer traditioneller, also von Volksmusik
bestimmt. Leider vernichtete er einige Chor- und Instrumentalwerke aus dieser
Zeit. Eine zweite musikalische Ausbildung suchte er 1947 in Paris /A. Honneger,
D. Milhaud - "Ecole Normale de Musique" Musikanalyse und Musikästhetik
bei O. Messiaen. Bei Le Corbusier wurde Xenakis, der 1947 das Ingenieur-Diplom
erwarb, Assistent und arbeitete 12 Jahre mit Le Corbusier. Diese beiden
unterschiedlichen Berufsaneignungen mündeten später aber in seinem
kompositorischen Schaffen. Er blieb in Paris, wurde 1965 französischer Staatsbürger.
Harrison Birtwistle ließ sich
zuerst als Klarinettist ausbilden, wurde Stipendiat des Royal Manchester College
of Music, danach Royal Academy of Music in London, gründete 1954 mit Peter
Maxwell
Davies, Alexander Goehr und John Ogdon die "New Music
Manchester Group. Durchs Harkness Stipendium konnte er für zwei Jahre in die
USA. Wieder zusammen mit P.M. Davies kam es zu den "Pierrot Players"
(1967) Birtwistle wird zur zweiten
Generation im Erleben und Verarbeiten von Anton von Weberns musikalischen Umwälzungen
gezählt. (nach Boulez u. Nono) Wilfried Brennecke sagt ihm im MGG nach
"Musikalischer Sinn erschöpft sich bei ihm nicht in technisch-statischer
Beherrschung des `Handwerks', sondern beweist poetische Kraft des bewußten
Ausdrucks".
Das Konzert ist das Produkt der
freundschaftlichen Zusammenarbeit der Frankfurter Kunstgemeinde in
Zusammenarbeit mit der Alten Oper, der Gesellschaft der Freunde der Alten Oper
und dem Hessischen Rundfunk. Beginn ist schon um 19 Uhr
Gerd Dudenhöffer zeigt seinen Heinz Becker in seinem neuen Programm vom 24. September bis zum 29. im Neuen Theater in Höchst total „pur“ - doch was das genau heißt, wie das zu verstehen sein kann, davon wurde nichts mitgeteilt, weder parteipolitisch, noch in Richtung Schrebergarten beim nackten Sonnenbaden Vom Veranstalter wird zugesagt: „Diesmal wird unser Heinz nicht als Heimwerker oder im Bierkeller oder im Schrebergarten zu uns sprechen, sondern ‚pur‚, quas ungeschminkt, nur angetan mit seinen unabdingbaren Insignien: Batschkapp und bis obenhin zugeknöpftes Nyltest-Hemd. So zielen seine Wohnzimmer- und Tresenweisheiten in direkter und unverstellter Bösartigkeit auf die Lachnerven der Zuschauer. Denn unser Heinz hat nicht nur zu Gartenbau und Heimwerken seine festen Überzeugungen, sondern auch zu ‚Gott und der Welt’.
„Jeden Donnerstag, und das nun schon zehn Jahre lang, kommen wie, die ‚Spätzünder‚, zusammen. Haben wir ein Stück in Arbeit, versenkt sich, nach Entspannungs- und Sprachübungen, eine jede in eine Rolle, tritt aus sich heraus, bewegt sich, handelt und spricht wie die Figur. so finden wir heraus, wer was am besten verkörpern kann und mag. An Einfällen und Themen mangelt es nie, wir haben ja unsere Erfahrungen, unsere Erinnerungen, und stehen m mit beiden Beinen fest in der Gegenwart.“ So erklären die Mitglieder der Seniorentheatergruppe „Spätzünder“ aus Berlin. Unser Foto stammt aus ihrer ‚Klatsch und Tratsch‚-Produktion mit dem abwehrenden Titel „Aber wir doch nicht“. Mit diesem Gastspiel aus Berlin beginnen die ersten Frankfurter Seniorentheatertage, die vom 17. bis zum 22. September täglich um 15 Uhr im Volksbildungsheim stattfinden. Foto: R. Albrecht
In New York gibt es ein Behinderten-Theater, das erstaunliche Professionalität zu entwickeln vermag. Eva-Maria Streier drehte einen Film über die Arbeit diese „National Theatre Workshop of Handicapped“, der am Samstag, 8. September um 18,25 Uhr von hessen 3 ausgestrahlt wird. Dies Theater wurde vor zwölf Jahren von dem Jesuitenbruder und promovierten Theaterwissenschaftler Rick Curry gegründet. „die talentierten Schauspieler - im Rollstuhl, auf Krücken oder blind - gehen einem bürgerlichen Beruf nach. Zweimal in der Woche treffen sie sich abends mit Rick Curry, der - mit nur einem Arm - alles im Griff hat, zu mehrstündigen Proben, zu ebenso kreativer wie disziplinierter gemeinsamer Theaterarbeit. Einmal im Jahr präsentieren sie das Ergebnis in vielbeachteten Aufführungen, häufig im Musicalstil. Zu der letzten Probensaison haben namhafte zeitgenössische US-Autoren Einakter für die Theaterwerkstatt geschrieben, unter ihnen Edward Albee“ berichtet der hr.
Huckepack-Ausstellungen gibt es an allen möglichen und unmöglichen Orten in Bars, Bistros, aber auch an fast geheiligten Orten der Wahrheit und des Schönen. Aber in der Alten Oper findet zu den Frankfurt Festen diesmal nichts statt. In alphabethischer Reihenfolge gibt es: im Gallustheater eine Fotoschau „Blickpunkt Theater“ der Fotografin Katrin Schander. Eröffnung ist am 3.9. um 2O,3O Uhr. Ins Goethe Theater bringt Tony Monsanto ab 19. 9. parallel zu Pinters „Landschaft“ ins Foyer „Seismische Verstörungen“. Was das ist, dazu schreibt Charlotte Harder u.a.: „...Bezüge zwischen den Dingen (...) Töpfe, Pfannen, rostende Nägel und eine abgehalfterte Stubenuhr werden, scheinbar willkürlich, ihrer ursprünglichen Funktion entkleidet (...)“, vom Künstler Monsanto heißt es: „...der Bruch zwischen der Ratio seiner westeuropäischen Ausbildung, der Transparenz, des alles Erklär-, alles Beredchenbaren und dem Irrationalen, dem nicht mehr Denkbaren“ habe zu seinen vorliegenden Arbeiten geführt. In der Jahrhunderthalle Hoechst eröffnet Jean-Christophe Amman (Museum für Moderne Kunst, Frankfurt) eine raumbezogene Installation von Charlotte Posenenske am 26. 8. um 11 Uhr als ‚Coproduktion’ vom MMK, der Galerie Meyer-Ellinger und der Jahrhunderthalle Hoechst. Die Künstlerin hatte bei Willi Baumeister studiert und dann als Bühnenbildnerin in Lübeck und bei Gustav Sellner am Staatstheater Darmstadt gearbeitet. Sie starb 1985 in Frankfurt als Soziologin. Erst nach ihrem Tode wurden Installationen nach ihren Konzepten an vielen Orten realisiert. Den Objekten in der Galerie der Jahrhunderthalle sind Fotos beigegeben, auf denen dieselben Objekte in mitten der Produktionsanlagen der Hoechst AG zu sehen sind. Sie haben den Charakter einer Dokumentation und bilden für die ausgest4llten Vierkantrohre einen Kommentar, der wie jeder andere Kontext auf die Interpretation der Kunstobjekte einwirkt. Die Installationen im Foyer der Jahrhunderthalle und im Freien sollen etwas von der Beschaffenheit eines Torsos haben: „Sie wenden sich an das konstruktive Vorstellungsvermögen“.
Das wäre von ganz besonderem Wert, gäbe es für die Kunst, so sichere Prognosen wie es einigermaßen gesicherte Rückblicke gibt. Doch schon die Bewertung von künstlerischen Erlebnissen ist variabel wie subjektiv. Prognosen zu stellen, scheint unmöglich. Und doch lassen sich gewisse Entwicklungen von der Gegenwart künstlerischer Prozesse für die Zukunft ableiten. Ausflüge in die Vergangenheit gehören dazu. Historisches Wissen aber ist für den ausübenden Künstler nicht unbedingt von Bedeutung - entweder er hat etwas ‚im Gefühl’, steht in der Zeit (auch in seiner Geschichte, in der Vorläuferschaft als ‚letztes’ Glied) oder er hat alle seine Vorläufer studiert. Von diesem Ansatz her bemüht, es anders zu machen, zeitigt dann wohl das Neue. Ob es ihm gelungen ist oder ob sie etwas Neues, ‚Schule Machendes’kreierte, das wird dann die Fachwelt - hoffentlich - erkennen.
Beispiel: wie wird Kabarett in der Zukunft sein? Wer sich als Kabarettist oder Kabarettistin in in der Gegenwart seines Metiers auskennt, wird die Forderungen „weg vom üblichem Nummernkabarett“ berücksichtigen und zusätzlich das unentwegte Imitieren von Berühmtheiten nicht mehr zum Programm-Mittelpunkt machen. Auch das Solokabarett ist keine bestmögliche Errungenschaft, eher eine Honorarsparmaßnahme. Also Ausblick Kabarett: es anders machen, als heute üblich. So einfach also ist das mit dem „Ausblick“... oder ist es nicht, weil...
Im Hintergrund der im Fimmuseum nachgebauten Studioecke sitzt er, er lächelt, kann auf mehr als zweihundert Filme zurückblicken und er hat noch einige Filme vor sich. Ja, was wäre das Leben ohne den Film. Filmlos könnte nicht einmal das Fernsehen existieren! Artur Brauner, Gründer und Bewahrer der CCC in Berlin, ein mächtiger Filmproduzent im Nachkriegswestdeutschland. Welche Verbindungsfäden ihn jetzt wohl mit Babelsberg, mit der Defa und anderen Produktionsmöglichkeiten im Osten, mit Künstlern, mit Regisseuren verbinden? Ihm, der dem Filmmuseum in Frankfurt seine Hinterlassenschaft vermachte, ist eine großangelegte, aber letztlich doch bei weitem zu kleine Ausstellung _ aber eine mit dem echten Duft von Atelier und Produktion - gewidmet. Noch bis zum 9. September ist am Museumsufer ins Filmgeschäft, in den Produktionsalltag und in seine Studiogeschichte von 1946 bis 1990 Einblick mit vielen Filmausschnitten gewährt. Foto: W.-D. Köhler
Ist‚s etwa ein Dialogfoto, ein Bild vom sich ‚liebevoll‚ Umkreisen oder Ist‚s ein Kampf, wird‚s eine Tragödie, realistisch wie Strindberg, transparent wie Kolles Aufklärung in den Sechzigern? Astrid Paprotta meinte in ihrer Besprechung zu der Texte miteinander verbindenden Produktion des Theater Tamen The, die da den Titel „Liebe in Aspik“ auf den Weg zwischen Veranstaltungsorten wie Jugendzentrum Südbahnhof in Frankfurt, Café Kaktus in Friedberg und nach Abenden im Juli nochmals am 15. September im Philanthropin, in Frankfurt, in der Hebelstr. 17 über die Bühne geht: „ Durch Aspik kann man die Sülze sehen. Manch ein Mensch, der Liebe schwört, er sülzt doch nur.“ Und zwischen einem deutschen Schlager nach dem Motto ‚Verdammt, ich lieb dich, ich lieb dich nicht‚ oder Schwitters Text „O du Geliebte meiner siebenundzwanzig Sinne, ich liebe dir“ ist ein himmelweiter Unterschied. Das gilt es zu erkennen. Dazu am 15. September ins Philanthropin? Die Frankfurter Rundschau begeisterte sich für diese intelligente, Texte von Ernst Jandel, Jacques Prévert und Kurt Schwitters, einem Zeitgenossen von gestern, der heute noch Lehrmeister ist, zusammenführende Produktion: „Für Silvia Oster, Corinna Lechler, Wolfgang Schmidt und Brigitte Leistikow (Regie) ist das der Rahmen für eine glänzende, siebzigminütige Variation über ein Thema.“ schrieb Astrid Paprotta am 21. Juni nach der Premiere. In der Tat scheinen der „Schuß Jandl, mehrere Spritzer Schwitters sowie eine Priese Prévert, gut verrührt und geschüttelt“ nicht nur „- eine auf den ersten und zweiten Blick eigenartige Sammlung voller Gegensätze zum Thema Liebe „ unters Publikum zu bringen. Ein Abend, der den Abend wert zu sein verspricht. (15.9. im Philanthropin). Foto: K. Schlittgen
Auf Pressekonferenzen war er immer wieder ein unbequemer Frager. Seine Vorgehensweise wirkte umständlich, führte aber oft auf eine Schweik‚sche Art direkt ins Zentrum und legte die Dinge drumherum bloß. Dies mag aus seiner Biographie heraus erklärbar sein, doch wer von den immer wieder versammelten gleichen Journalisten fragt schon danach... „Wir trauern um unseren Freund Magister Alexander Komitau“ hieß es in der Anzeige der Gesellschaft für Deutsche und Polnische Kultur, dem Freundeskreis Frankfurt/Krakow. >akt< wurde von ihm die Möglichkeit für ein Gespräch mit der Ministerin für Kultur Polens anläßlich der Römerberggespräche vom Kollegen Komitau angeboten. Nicht er, Arlig sollte das Gespräch führen.
Alexander Komitau lebte bestimmt nicht auf Rosen gebettet in seinem Beruf, wir alle wußten wenig über ihn, der immer wieder selbstlos für die Belange der Kultur, für die notwendige Freiheit und Selbstbestimmung eintrat. Er starb ‚über Nacht‚, sein Tod auf einer Vorbereitungsreise für den Presse-Club auf einer Reise i seine Heimat in Warschau kam völlig überraschend. Es wäre noch so viel mit ihm zu bereden gewesen. Man hatte nicht an eine zeitliche Begrenzung der Möglichkeiten gedacht, man hat Zeit! Wer im 59. Lebensjahr aus dem Leben gerissen wird, hat sein Leben zu früh zum Emde gebracht. Seine Vorbereitungsarbeit für die Journalistenfahrt nach Polen wird im Herbst dieses Jahres noch zur Auswertung kommen. Anläßlich eines unserer häufigen Treffens meinte ich anläßlich der Presse-Vorbesichtigung zu Alexander Komitau: Ist das nicht heutzutage besonders beschwerlich Jude und Pole zu sein? Ich vergaß zu fragen, ob er einen deutschen Paß habe...
F. A.
Das Holzhausen-Wasserschlößchen sah man zwar vor lauter Bäumen kaum und manche Töne der Opernaufführung an südlichwarmen Sommerabenden sollen, wie strenge Kenner bemerkten, das Weite gesucht haben, doch jene Opernabende in der Kastannienallee im Frankfurter Holzhausenviertel waren so stimmungsvoll, daß der Kammeroper Frankfurt als deren Veranstalter nicht genug gedankt werden kann. „Acis und Galatea“ von Händel stand auf dem Programm der Frankfurter Straßenopernaufführung. War‚s die erste oder kam es früher schon zu ähnlichen Ereignissen? Im Fall der Händeloper stimmten Handlung und Kulisse geradezu deckungsgleich überein. Rainer Pudens, Gründer der Kammeroper und deren Regisseur wurde großer Dank wie auch viel öffentliche Aufmerksamkeit für seine Durchsetzungskraft zuteil.
Alle Mühe wäre vergeblich gewesen, wenn an den beiden für die Aufführungen vorgesehenen Wochenenden das Wetter regnerisch und kühl gewesen wäre. Ersatzweise sollte dann im Finkenhof Händels Werk konzertant aufgeführt werden. Zwar wären dann die für dies Opernprojekt gefundenen ausgezeichneten Interpreten stimmlich besser zu beurteilen gewesen, doch auch in der Geräuschkulisse der freien Natur durfte man aufhorchen. Lilian Huynen als Galatea und Bernhard Schneider als Acis, dazu Christoph Kögel als machtausspielender auf menschliches Liebesglück eifersüchtiger Polyphem wurden am Premierenabend richtig gefeiert. Überhaupt durfte das ganze Team, durften alle Klein- wie Großdarsteller, die Kostümbildnerin (Margarete Berghoff), Bühenbildentwickler (Iz Maglow) einschließlich der vielen hilfreichen Geister, die sich um das Zustandekommen des Opernstraßenereignisses mit dem entsprechenden Ambiente (Sektbar mit Schnittchen) feiern lassen. Bedauerlich nur, daß es keine weiteren Aufführungen während der großen Hitzeperiode geben konnte. Immerhin fand die Aufführung zwischen Häusern statt und die Nachbarn hätten sich in ihrem Umraum letztlich gestört fühlen müssen. Niemand durfte während der Aufführungen beim Radiohören oder beim Fernsehen die Fenster öffnen, Hunde mußten drinnen bleiben und Motorräder nicht gezündet werden. Dank also auch der Nachbarschaft für ihr Opfer an die Kultur.
"Landschaft" von Pinter
Ehe Hilmar Hoffmann in Frankfurt
als Kulturdezernent so richtig Fuß fassen konnte, schrieb Ivan Nagel am 12.
Januar 197O in der Süddeutschen Zeitung anläßlich des Wagnisses,
Pinter-Einakter im voluminösesten Sprechtheater der Bundesrepublik, im
Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, vor 1500 Zuschauern aufzuführen u.a.
"Werke, die heute auf der Flucht vor der ausgeleierten Produktion und
Rezeption der Kulturindustrie sich in schwierigster, abweisendster Formgebung
und Sensibilität verschanzen, werden verraten, wenn man sie als Kunst für alle
verkaufen will"
Jetzt, zwanzig Jahre danach soll
Harold Pinters "Landschaft" im Goethe Theater herauskommen. (Premiere
ist für den 19. September angekündigt)
1967 wurde Pinters Stück in
seinem Heimatland, in England von der in den letzten Zügen liegenden Zensur
wegen einiger Kraftausdrücke verboten. So wurde aus dem Theaterstück flugs ein
Hörspiel und es wurde im BBC produziert und gesendet.
Worum geht es in
"Landschaft", ein Stück, das kein Schweigen kennt? "Zwei
Personen hängen ihren Erinnerungen nach. Er, ein bodenständiger Realist, erzählt
von seinen Erlebnissen in der Kneipe, im Beruf, vom Wetter und vom Bier. Sie,
eine Schwärmerin, träumt vor sich hin, träumt an seinen Worten vorbei von
Liebe am Strand." Ulrike A. Pollay und Nikolaus Timm spielen in der Regie
von Erika Dannhoff. Die Ausstattung des sympathisch kleinen, aber nicht gerade
winzigen Goethe Theaters, ein Theater mit riesig wirkender Bühne, besorgt
Heinrich P. Loewenstein.
In Hamburg spielte die große
Joana Maria Gorvin die Rolle der Frau, trotzdem - so Ivan Nagel -
"...endete ein angebliches Wagnis der Avantgarde mit einem mäßigen Erfolg
des fortschrittswilligen, bildungsfrommen, applausfreudigen, korrumpierten
Subventionstheaters" - Darauf ist zu antworten, daß, wenn kleine Theater
mit anspruchsvollem Spielplan nicht entsprechend subventioniert werden, sie in
gewisse theatralische Niederungen absteigen müssen, um zu überleben, wenn sie
künstlerisch überleben wollen und sie nicht korrumpierbar sind.
Harold Pinter erhielt 1970 in
Hamburg im Auditorium maximum den damals mit 25 000 Mark dotierten
Shakespeare-Preis der privaten Stiftung F. V. S.. Damals ging es auch dem
Universitätspräsidenten Fischer-Appelt um die Neuformierung der Welt (der
Universität). Damals hieß es, Pinter würde bei uns öfter gespielt als
verstanden. Ob dies im Goethe Theater anders sein wird? Damals zählte der
"Spiegel" anläßlich der Uraufführung in London, Regie Peter Hall,
gespielt von der Royal Shakespeare Company, noch die `schmutzigen' Wörter vor
und errechnete wie der britische Zensor, der 1967 die öffentliche Aufführung
auf einer Bühne verbot, sechsmal "shit", zweimal "piss" und
einmal "fuck". Wie nun des Mannes Worte von der besten Lagerungsmöglichkeit
des Faßbieres gegen ihre Sehnsüchte ankommen und vom Publikum verstanden
werden, ist noch offen, wird erst mit der Premiere am 19. September in der
Leipziger Straße öffentlich.
Privattheater zur Saisoneröffnung
Dritter Umzug des Frankfurter
englischsprachigen Theaters
Zuerst hieß es ja Kommunikativität
signalisierend `Café-Theater`, dann, lange nach dem Umzug von von Sachsenhausen
in die Hamburger Allee, begann die Prinzipalin Judith Rosenbauer von ihrem
Theater nur noch als dem `English Theater`zu sprechen und zu schreiben. Jetzt
bezieht dies Theater eine richtige Nobeladresse: Kaiserstraße! Die Hausnummer
52 steht künftig für ein Frankfurter Renommierprojekt. Hier wird es Londoner
Westend-Theater--Flair in größerem Maßstab und mit mehr Platzangebot geben.
Um die Plätze gab es sogar eine öffentliche Diskussion. Sponsoren helfen die
bequeme Bestuhlung wie den Spielplan zu finanzieren. Ein kleines Namensschild
des Sponsors wird auf die helfende Hand hinweisen. Auch die Frankfurter Volksbühne
hat im English Theater einen Sessel für "zeitgenössisches Theater, das
Sie in London und New York und eben auch bei uns sehen können. Schon dafür
sind manche so sehr dankbar, daß sie es auch in Kauf nehmen würden, als
Abonnent der FAZ mit Vergnügen auf einem hoffentlich von der Frankfurter
Rundschau gestifteten Stuhl zu sitzen" schrieb Judith Rosenbauer an die
Rundschau, die über die Stuhlaktion eine Glosse losgelassen hatte. Ja, the
Managing Director vom English Theater, die Theaterdirektrice ist nicht auf den
Mund gefallen, nicht so rasch einzuschüchtern, sie steht ihren Mann im
Management wie sie als Schauspielerin ihre Frau auf der Bühne steht!
Ab 7. September gibt es bei der
1988 mit dem Hessischen Kulturpreis
ausgezeichneten Theaterchefin Judith Rosenbauer "Gerüchte". Das Stück
hat in der Kaiserstraße natürlich für die Frankfurter Erstaufführung seinen
Originaltitel behalten und wird, wie es beim Autor Neil Simon zu vermuten ist,
ein entsprechend großer Erfolg werden. "Rumors" - so der englische
Titel - ist eine Komödie, a Comedy, deren Besetzungsliste fünf Damen und fünf
Herren in einer Dekoration vorschreibt. Für ein Privattheater ist eine
Besetzung von 10 Rollen eigentlich schon eine Großproduktion. Doch ein
Erfolgsautor wie Neil Simon und ein richtig orientiertes `English Theater` wie
das der Judith Rosenbauer, wird mit einer den Vorbildern entsprechenden
Inszenierung auch seinen richtigen Erfolg verbuchen.
Und was auf der Bühne geschieht,
sollte man als deutschsprachiger Besucher mit etwas Englischkenntnissen ruhig
vorab zu wissen begehren dürfen, ohne, daß dies Vorwissen, dem Charme und den
Überraschungen auf der Bühne abträglich wäre.
Zu "Rumors" gibt der S.
Fischer Verlag bekannt:
"Das Bürgermeisterpaar Myra
und Charlie Brocks hat Freunde zu seinem 1O. Hochzeitstag eingeladen,
nacheinander treffen die Gäste ein. Doch weder Myra noch Charlie können sie
begrüßen: Myra ist spurlos verschwunden, Charlie hat sich selbst angeschossen.
Anfangs bemühen sich die Freunde, das mysteriöse Verschwinden der Gastgeberin
sowie den vermeintlichen Selbstmordversuch des Gastgebers voreinander zu
vertuschen, um ihren Ruf zu wahren. Dabei verstricken sie sich immer mehr in Lügen,
auf eine Katastrophe folgt die nächste...." - und damit niemand zuviel
vorab erfährt, endet hier die Stückeinführung. Es wird aber noch werbend
angemerkt: "Mit brillanten Dialogen zeigt Neil Simon in seiner neuesten
Farce das hilflose Verhalten von Menschen, die aus ihrer gewohnten, sich
zurechtgelegten Ordnung herausgerissen werden und darauf nur in höchst
absurder, irrationaler Weise reagieren können." Im Kino gibt es dann immer
den Hinweis, daß jede Ähnlichkeit mit lebenden oder verstorbenen Personen rein
zufällig sei...
Ein interessanter Theaterabend
wird im English Theater durch die Eröffnungspremiere die bevorstehende
Theatersaison bereichern.
Gespielt wird ab 7. September von Dienstags bis Sonntags um 2O
Uhr. Jeweils am letzten Sonntag im Monat gibt es statt der Abendvostellung eine
Vorstellung am Nachmittag um 16 Uhr.
Blick auf Rückblicke
Eigenhymnen, Analytisches und
viele Szenenfotos
Für wen sind Bühnenjahrbücher,
Saison- oder Rückblicke auf Intendantenjahre, auf Ären großen
Theatergeschehens wichtig, für jene, die alles miterlebt haben oder für jene,
die wissen wollen, was sie verpaßten?
In Frankfurt hat sich Albert
Richard Mohr als Opernkenner mit mehreren gewichtigen Rückblicksbüchern über
die Frankfurter Oper selbst ein Denkmal gesetzt. Nicht nur Beiträge zur
Theatergeschichte, auch über zweihundert Jahre Bühnenbildentwürfe liegen
durch ihn als Nachschlagewerke vor. Über die Ära Gielen brachten die
Theaterfotographin Mara Eggert und der Musikkritiker Hans-Klaus Jungheinrich
eine Dokumentation heraus.
1991 wird die Frankfurter Oper
wieder in ihr Haus am Theaterplatz einziehen. Ein Ereignis, das Schatten
vorauswirft? Das Haus wird sich in seinem Gesamterscheinungsbild verändert
haben. Glanz ist zu erwarten. Schon rein äußerlich soll das Publikum vom
Alltag abgehoben werden. Zuvor war da der Brand, der heruntergekrachte Eiserne
Vorhang, die zerstörten ersten Reihen der kurz zuvor installierten neuen
Bestuhlung, dann kamen die Aufräumarbeiten. In den Tageszeitungen künden Fotos
vom Ausmaß der Zerstörung des Bühnenhauses - schier unentwirrbares Gestänge,
hartgesottenen Kulturmanagern kamen die Tränen, ein Komponist saß brandgeschädigt
auf seinen Koffern, Bühnenbildteile
der zur Uraufführung vorgesehenen Kagel-Oper waren dem Brand zum Opfer gefallen
- Mozarts "Cosi fan tutte" stand am Abend vorm Brand auf dem
Spielplan. Danach trotziger Wiederaufbauwille, Versicherungsfragen waren zu klären,
Verbesserungen sollten eingeplant werden. Ein großer Ballettprobensaal wäre
dringend notwendig. Könnten nicht auch die zugigen Flure zu den Garderoben der
Sänger gegen andere ausgewechselt werden.? Utopische Wünsche machten sich
breit. Nebenan mußte das Schauspiel Frankfurt sein Haus räumen. Die Oper zog
um. Unmögliches wurde möglich gemacht: auf Karren wanderten Dekorationsteile für
die Abendvorstellungen über den Innenhof oder gar rund ums Gebäude.
Davon ist nichts in einem Buch
dokumentiert, nichts zur Dokumentation vorgesehen. Eingeschränkte künstlerische
Möglichkeiten interessieren die Zeitgenossen nicht. Eher der Glanz einer Neueröffnung
wie vor zwei Jahren in Essen als es dort anläßlich der Eröffnung des
Aalto-Theaterneubaus hieß: "Ein neues Haus für eine erneuerte
Stadt". Das war ein Anlaß, bis zum Theater von Delphi zurückzugehen, um
in einer Skizze von Alvar Aalto, dem Architekten, dessen Vorstellungen kenntlich
zu machen. Eine lange Geburt war das, dreißig Jahre dauerte es, bis nach den Plänen
des inzwischen verstorbenen Architekten das neue große Haus mit den vielen Möglichkeiten
stand. Wirklich ein Anlaß zum Rückblick auch auf die Theatergeschichte der
Stadt. Dietmar N. Schmidt - auf seine informativen und ausführlichen Sendungen
über Inszenierungen im ZDF wird immer wieder in
>akt< hingewiesen - berichtet über die Geschichte des Theaters in
Essen. Zuweilen ist es ganz lehrreich über den Zaun der eigenen Stadt zu
schauen, um zu wissen, ob es in anderen Gärten besseren Wuchs gibt. So sind
auch die Münchner Jahrbücher der Bayerischen Staatsoper immer wieder die Lektüre
wert, wenn auch über die endlosen Streitereien zwischen den Verantwortlichen
nur zwischen den Zeilen etwas zu lesen ist. Dafür gibt es außerordentlich
lesenswerte Beiträge von den unterschiedlichsten Fachschreibern zu allgemeinen
Themen. Für 1990/91 schrieben Zehetmair, Rosendorfer, Trojahn über Oper an
sich, im Historischen und über Oper in Zukunft. Auch "Nachrichten aus dem
Unbewußten - Richard Wagners letzter Traum" (Manfred Schneider) und über
den "Tod auf der Opernbühne - verdecktes und offenes Sterben im
Musiktheater der Jahrhunderte" (Heinz Becker) findet man einen Aufsatz.
Dazu Beiträge zum Programm der Münchner Opern Festspiele im Sommer und der Rückblick
auf die vergangene Spielzeit. Die Bände sind in haltbarem Pappeinband, haben
viele Farbfotos und Schwarzweiß-Abbildungen und kosten trotzdem weniger als 3O
Mark
In Hannover wurde zum groß
gefeierten Jubiläum "Oper in Hannover - 300 Jahre Wandel im Musiktheater
einer Stadt" ein stark gesponserter Band herausgebracht. In diesem Fall
engagierte sich sogar die Niedersächsische Sparkassenstiftung als Herausgeber
und ließ noch die Förderung durch die Stadtsparkasse Hannover zu! Wie teuer
derartige Bücher in Entwicklung und Herstellung sind, wird erkennbar im
Verkaufspreis des Jubiläumbuches in Höhe von 49 Mark. Ein derartiger Bildband
auf Glanzpapier, das die besten Fotowiedergaben gestattet, müßte
unsubventioniert normalerweise knapp einhundert Mark kosten. Von daher ist zu
verstehen, daß in Frankfurt eher in Dekaden gedacht wird, wenn es um Rückblicke
auf das Geschehen auf Frankfurter Bühnen geht. An Dokumentationen über die
Frankfurter Privattheater darf man überhaupt nicht denken. Dabei wäre gerade
der Sektor "Privattheater in Frankfurt" sicherlich für viele treue
und interessierte Theaterbesucher von Interesse. Doch wieviele Interessenten würde
es geben: ein paar Hundert, einige Tausend? Andererseits wären derartige Bücher
ebenso wichtig und von Nachbereitungswert wie Programmhefte!
1980 - 1985
`weiße Jahre im Schauspiel
Frankfurt
Es gibt das von Loschütz und
Laube herausgegebene Buch über die Schauspieljahre von 1972-1980 unter dem
ironisch gemeinten Titel "War da was?" Ja natürlich war da was und da
war viel am Schauspiel Frankfurt los, wenn auch die Jahre der Mitbestimmung außerordentlich
schwierige Jahre waren. Die Diskussionen wurden protokolliert und die Ereignisse
auf der Bühne natürlich herausgestellt. Inzwischen erscheint manches aus jener
Zeit schon wieder beispielhaft verklärt. Was aber war in der Nachfolge unter
Schaaf und Minks und unter dem als Retter rasch nach Frankfurt berufenen Adolf
Dresen? Eine glanzlose Zeit, Jahre, die dem Vergessen anheimgegeben werden dürfen;
Nein, so einfach dürfen es sich weder ein Kritiker noch die Nachwelt machen.
Das fällt jetzt auf, nachdem der in seiner Intendantenarbeit ebenfalls
umstrittene Günther Rühle seinen `Rechenschaftsbericht`über die Jahre 1985 -
1990 der interessierten Öffentlichkeit vorgelegt hat. Da ist eine Lücke im
Jahrzehnt entstanden. Eine teure Lücke, wenn man die jährlichen Subventionen
zusammenrechnet. Zugleich aber auch eine Zeit vieler Entdeckungen. Es gab neue
Stücke, es gab interessante Inszenierungen. All das aber istt einzig in den
Programmheften nachzulesen.
"Deutsche Szenen"
ist der Rückblick auf die
Theatergeschichte zwischen Fassbinders umstrittenes und nicht öffentlich aufgeführtes,
aber premierenreifes Stück "Die Stadt, der Müll und der Tod" und
Einar Schleef Abschiedsinszenierung von seinem "Faust" nach Goethe
betitelt. Beinahe wäre ja Schleefs Inszenierung städtischer Sparmaßnahmen zum
Opfer gefallen, sie wurde zu einem großen Publikumserfolg - auch wenn immer
wieder einzelne Besucher die ausverkauften Vorstellungen unter mehr oder weniger
lautstarkem Protest verließen. Nach der letzten Aufführung aber wurde sogar
aus dem Publikum heraus die Frage nach einem Veto von Frankfurts
Kulturdezernentin für Einar Schleef und seine Truppe gestellt, es geht um die
Ermöglichung weiterer Arbeit dieses eingeschworenen Teams. Günther Rühle
wehrt sich selbstredend inzwischen dagegen, daß seine gesamte Intendanzenzeit
fast nur noch durch Einar Schleef und dessen Arbeit definiert wird. Da war auch
anderes und was das sonst noch war zwischen Fassbinder und Schleef, das wird in
dieser Dokumentation über die Jahre zwischen 1985 und 1990 in Bild und Text
vorgestellt.
Der inzwischen als Frankfurts
Kulturdezernent verabschiedete Hilmar Hoffmann steuerte einen Beitrag über den
Theoretiker Rühle in der Praxis des Theaterbetriebes bei. ("Diese Bilanz
kann nicht nur eine Laudatio auf einen bedeutenden Theaterkritiker, Historiker,
Essayisten und Intendanten sein..."), von Rühle sind zwei Aufsätze zum
"Theater für Frankfurt", ein Aufsatz über den Regisseur Michael
Gruner, einer über das andere Regietemperament, über Dietrich Hilsdorf, ein
assoziativer Versuch über Grüber, Wilson und Syberberg besonders wichtig. Aber
auch die Frage "Brauchen wir ein Kindertheater" ist Rühle eineinhalb
Buchspalten wert.
"Theater nach dem
Brand" ist der Bericht des ehemaligen technischen Direktors der Städtischen
Bühnen, Max von Vequel-Westernach lakonisch betitelt. Er ist mit der
Theaterdoppelanlage aufs intimste verwachsen, war jüngst auf eigenen Wunsch
ausgeschieden und nur noch für den Wiederaufbau zuständig. "Man schrieb
November 1987. In den Monaten zuvor war der Zuschauerraum der Oper von Grund auf
restauriert und farblich umgestaltet worden. Wenige Tage waren vergangen, seit
die ersten Premieren unter der Leitung des neuen Opernchefs, Gary Bertini, ein
weiteres Kapitel in der Geschichte der Frankfurter Oper aufgeschlagen hatten.
Doch in der Nacht vom 11. auf 12. zerstörte ein Großfeuer, gelegt von einem
der Tragweite seines Handelns nicht bewußten Täter das ganze Bühnenhaus und
beschädigte den Zuschauerraum schwer." Das war der Beginn der Trennung
ehemaliger Gemeinsamkeit
von Oper, Ballett und Schauspiel
der Städtischen Bühnen. In der Folgezeit ergaben sich Machtkämpfe, die der
Nachfolger des Nachfolgers von Günther Rühle, Peter Eschberg, (ab Saison
1991/92) für seine Zukunft als Intendant in Frankfurt richtig zu kanalisieren
wußte: entweder drei selbständige Theater oder ich
komme nicht. Das heißt,
eigentlich forderte Eschberg nur für sein künftiges Schauspiel Frankfurt die
Loslösung aus dem Verband der Städtischen Bühnen. Damit und mit den Folgen
hat sich jetzt die Kulturdezernentin zu befassen und Linda Reisch hat ihre
Vorstellungen über die Zukunft der voneinander nun zu entflechtenden drei
Frankfurter Städtischen Bühnen Magistrat der Stadt schmackhaft zu machen. Doch
das alles gehört schon zur nächstfälligen Dokumentation, die dann die
Neunziger Jahre zum Gegenstand haben wird.
"Was wird aus dem
Theater"
Aus der Geschichte lernen?
Im Verlagsrahmen "Studien
zur Frankfurter Geschichte" erschienen im für Frankfurter Belange
verdienstvollem Verlag Waldemar Kramer als 19. Band vor fünf Jahren der Versuch
der systematischen Würdigung eines Theaterbetriebes: "Das Neue Theater in
Frankfurt am Main 1911 - 1935" von Thomas Siedhoff. 1989 konnte Jürgen
Kirchner seine im Mai 1983 abgeschlossene Arbeit über die Diskussion um das
Frankfurter Schauspiel 1945 - 1951 unter dem Titel "Was wird aus dem
Theater" als 2O. Band der Reihe des Frankfurter Vereins für Geschichte und
Landeskunde e.V. herausbringen. Ein spannendes Theatergeschichtsbuch, das eine
noch nahe Vergangenheit dem Vergessen entreißt, auf daß nicht immer die
gleichen Fehler gemacht werden. Doch wo werden am Theater die größten Fehler
gemacht? Auf der Bühne, in der Verwaltung oder im übergeordneten und in
manchen Städten das Theater bestimmenden Stadtverwaltungen, von Politikern oder
deren Beratern?
"Je oller, je doller"
Die Saalbau veranstaltet
Senioren-Theater-Festival
Fünf Seniorentheatergruppen
werden vom 17. bis 22. September im Volksbildungsheim nachmittags ab 15 Uhr
spielen. Sie kommen aus Berlin ("Spätzünder" u. "Graue
Zellen"), Nürnberg, Hamm ("Die Alternaiven"),
Braunschweig("Altweibersommer"). Vom Staatstheater Braunschweig wird Günter
Hutsch im Stück nach Joop Admiraal im Rahmen dieses Theatertreffens "Du
bist meine Mutter" spielen. Die Seniorengruppen haben ihre Texte alle
selbstgeschrieben.
"Klatsch und Tratsch"
als der rote Faden bringen die Spätzünder (Berlin) am Montag, 17. September um
15 Uhr im Volksbildungsheim zur Aufführung. "Eine Rückblende führt in
das Jahr 1942. Eine junge Jüdin wird von ihrer Freundin im Keller versteckt.
Die 150%ige Nazischnüfflerin aus dem Hause zu täuschen, gelingt, weil man die
Gefahr, die von ihr ausgeht, kennt. Aber wie hält man die anderen fern, die
neugierig sind, darüber reden und
gar nichts schlimmes in ihrem Handeln sehen - und doch so bedrohlich sind! -
`...es wird schon etwas dran sein, ohne Grund wird niemand beschuldigt!` ...aber
schön wäre es, wenn wir alle mit einem Ausrufezeichen sagen könnten: `Aber
wir doch nicht!`
"Rauh aber herzlich"
lautet das Motto der Grauen Zellen (Berlin) für die Sketche, die wie die
Kulissen aus eigenen Ideen und eigener Produktion kommen. Aber zu den erdachten
Szenen kommen auch erlebte Wahrheiten hinzu. Die `Grauen Zellen` schauen beim
Leben genau hin, so hieß ihre erste Produktion auch "...dem Volk aufs Maul
geschaut". Die Gruppe besteht aus einem Mann und fünf Frauen zwischen 60
und 70 Jahren, sie wollen zum nachdenken anregen, aber auch Schmunzeln machen
und herzlich lachen lassen. Musik und Berliner Schwung werden für Rauh, aber
herzlich" am 18. September versprochen.
"Beziehungskisten"
bringt das 1. Seniorentheater Nürnberg e.V, am 19. September. Horst Konietzny führt
Regie. Dies Seniorentheater ist auch einem Theaterkurs für ältere Menschen des
Bildzungszentrums in Kooperation mit den Städtischen Bühnen Nürnberg ende
1987 entstanden. Etwa 25 Teilnehmer und Teilnehmerinnen sind dabei. Die besten
Szenen aus den beiden ersten Produktionen und einige aus der in Arbeit
befindlichen dritten Produktion "Alt im Alter? (Arbeitstitel) sind zu
"Beziehungskisten" zusammengestellt."Trommelnde Wehmut,
Gartenzwerge und Seemannsgarn, erster Kuß und Leichenschmaus sind Splitter aus
einem bunten Kaleidoskop der Beziehungen", die vorgeführt werden.
Am Donnertag, dem 2O. September
wird Günter Hutsch die dialogisch-monologische Auseinandersetzung von Joop
Admiraal, dem Autor von "Du bist meine Mutter" auf die Bühne des
Volksbildungsheims bringen. Beschrieben und vorgeführt wird ein Besuch von Joop
bei seiner alten Mutter im Pflegeheim. Der Schauspieler schlüpft innerhalb der
Dialoge in beide Figuren, der Autor schrieb ein Einmann-Zweipersonenstück
geschrieben, in dem Sohn und Mutter beispielhaft miteinander umgehen. Ein sehr
menschliches Stück, das man immer in der Erinnerung behält.
"So isses" heißen die
Szenen aus dem `wirklichen`Leben - heiter, besinnlich..., die von Karl Voß
zusammengestellt, bearbeitet und mit den "Alternaiven", dem Hammer
Seniorentheater in Szene gesetzt hat. "So isses" wird am Freitag, 21.
September um 15 Uhr gespielt."Die Alternaiven" gründeten sich im
Herbst 1985, nachdem sie zuvor schon den in der Seniorenarbeit angebotenen
VHS-Theaterkurs "Bretter, die die Welt bedeuten", besucht hatten.
Schon vier Produktionen gibt es. Zur Zeit besteht die Gruppe aus elf
Seniorinnen, zwei Senioren und drei jüngeren Spielerinnen, die in der
Seniorenarbeit hauptberuflich tätig sind. Sie haben sieben interessante Szenen
zusammen geschrieben. Erfahrungen älterer Menschen und ihre Lebensverhältnisse
stehen im Mittelpunkt. "Da macht sich in zwei Steh-Café-Szenen Langeweile
breit, Einsamkeit, Medikamentenberge kommen auf den Tisch. Die eine hat ihren
Mann satt und möchte allein sein; die andere, die allein ist, träumt von einem
Mann." Da gibt es die Szene, in der die "Neue" erstmals beim
Altenachmittag erscheint - wie wird sie aufgenommen, wird sie angenommen, will
man sie überhaupt? Oder jene Szene, in der es heißt, daß Mutter bei ihrer
Rente doch ein paar Hunderte wie bisher hinblättern könnte. Aber Mutter will
nicht mehr, sie will mal an sich selbst denken! Oder eine Schwester will der
Schwester schreiben. Wo aber wohnt die Schwester? in Bad Mergentheim oder in St.
Mergentheim? Bei der Kellnerin Hilfe suchen?
Eine Liebesgeschichte unter dem
Titel "Jakob" spielt die Seniorentheatergruppe
"Altweibersommer" am 22. September. Die Gruppe besteht seit sieben
Jahren und ist Teil der theaterpädagogischen Aktivität des Staatstheaters
Braunschweig. Sieben Frauen und drei Männer stellen die Gruppe
"Altweibersommer". Das ist ein besseres Frau/Mann-Verhältnis als
sonst in den Gruppen anzutreffen ist. Drei Stücke wurden schon erarbeitet und
in über 120 Aufführungen gespielt. Die Stücke sollen thematisch alle Menschen
und nicht nur in erster Linie alte Menschen interessieren. "Jakob",
die jüngste Produktion spielt in New York, es ist 1944. In einer etwas
heruntergekommenen Pension für alternde Künstler müssen sich die
Alteingesessenen mit neuen Mitbewohnern auseinandersetzen. Da kommen Juden auf
der flucht vor dem nationalsozialistischem Regime. Ausländer- und Fremdenhaß
in der Pension, auch Furcht vor dem Fremden. Und mittendrin bahnt sich eine zärtliche
Liebesgeschichte an.
Mit diesem Stück finden die
Seniorentheatertage ihren Abschluß. Frankfurts Kulturdezernentin Linda Reisch
hat die Schirmherrschaft übernommen und schreibt u.a.: "Dieses Ereignis
kann und wird zeigen, daß das Alter nicht von Rückzug und Passivität bestimmt
sein muß, sondern durch Aktivität, Gemeinsamkeit und Lebensfreude geprägt
sein kann." Frau Reisch meint: "In einer Gesellschaft, die oft die
nicht mehr so `Dynamischen und Leistungsfähigen`beiseite schiebt, ist es umso
wichtiger, ein Forum zu schaffen, auf dem ältere Menschen als die Experten für
das Älterwerden, anderen vermitteln, welche Chancen das Alter bietet. (...)
Vielleicht können wir mit diesem Festival Anregungen geben, auch im Alter Freiräume
zu schaffen, um angstfrei Begeisterung und Leidenschaft zu entwickeln. Menschen
brauchen das Miteinander, nicht das Gegeneinander, vor allem nicht als
Einzelne."
Die Eintrittskarten kosten für Senioren 5,- DM und für die anderen Menschen das Doppelte.
Das Seniorentheater in der
bundesrepublik ist nicht viel älter als zehn Jahre. In diesem Zeitraum wurde
auf dezentraler Ebene gearbeitet, ohne jedoch in das Bewußtsein einer breiten
Öffentlichkeit zu gelangen. Motor und Ausgangspunkt war und ist der Spaß am
Spielen und Entdecken. Diese Art der Theaterarbeit schöpft aus dem reichen
Resevorir eigener Lebenserfahrungen, und ihre Stärke liegt in der Authenzität
der Stücke.
Linda Reisch
Wie
klang die Welt am 29. Mai 1913 / 31. August 1928 / 26. August 1969?
Ehrlich: wer kann sich an Tage
erinnern, die so weit zurückliegen, daß die wenigsten der Angesprochenen sie
erlebten und wenn ja, haben sie diese Tage auch `musikalisch`im Griff? Nein, man
hat die Vergangenheit nicht im Zugriff präsent, sonst sähe jede Gegenwart
anders aus!
Musik, das ist auch die Möglichkeit
Geschichte assoziativ zu erleben. Was damals -_ 1913, 1928, 1969 musikalisch en
vogue oder umstritten war, führt, wenn man die Kompositionen heute hört überraschend
auch zurück in Filme, in Bühnenerlebnisse, in Nachrichtenschocks des eigenen
Lebens.
1913, im Jahr vor dem ersten
Weltkrieg war - von uns aus gesehen -ein Jahr friedlichen Miteinander im
Entdecken von Neuem auf allen Gebieten. In der Musik gab es die harmonischen
Gegensätze zwischen Strawinsky und Ravel, Reger, Richard Strauss und Debussy.
Wie klang das? Ein Russe, zwei Franzosen und zwei Deutschblütige! In der Musik
lebten Klangwelten eng beieinander. 1914 sollten Musiker, Maler, sollten Künstler
aufeinander schießen und einige zogen mit einem Bewußtsein ins Feld, das nicht
das ihre war, dieser Nationalismus, der allerorten ausbrach, war er nicht
anerzogen, eingeimpft; und 1928? in einer Zeit, da sich alles zum Guten wenden
sollte, gab es die musikalischen Gegensätze eines Kurt Weill, eines dem Schönen
verfallenen Resphighi, einen Neuerer, Alban Berg, der eine `Lyrische Suite`
komponiert hatte, einen Schostakowitsch, der den `Tahiti-Trot` in die Welt
setzte, einen Ravel, der einen kampflüsternen, auftrumpfenden Bolero der Welt
unterlegte und in Amerika schrieb ein George Gershwin seine `Rhapsody in Blue` -
große Zeit für friedlich gestimmte große Gegensätze. Wir wissen, was wenige
Jahre danach folgte, wir begreifen das alles kaum. So wie die Jungen von heute
die sechziger Jahre eher nostalgisch für sich erobern und eine Generation nach
der anderen den Phänomenen jener POP-Tage zu verfallen scheinen. Als Datum für
Musik: 26. August 1969, wie klang das damals? Was war damals außer den Beatles
und den Rolling Stones im Gespräch? Waren es wirklich Berio, Nono, Henze, Bernd
Alois Zimmermann, Penderecki? Wurden die mit ihren Botschaften wahrgenommen,
verstanden, wurde das Gehörte entsprechend umgesetzt?
Drei "Quer-Durch"
Veranstaltungen anläßlich der Frankfurt Feste, drei wichtige Daten an einem
Tag von I bis III, um 11 Uhr, um 15 Uhr und um 17 Uhr im Großen Saal der Alten
Oper. Und wie sieht ein Abend an so einem Tag aus?
Spielplan
Die Verfolgung und Ermordung
Jean Paul Marats...
Drama von Peter Weiss
Im Waschraum des Hospizes zu
Charenton: Geisteskranke und andere Hospizinsassen stellen die Verfolgung und
Ermordung Jean Paul Marats dar. Marquis de Sade als Vertreter des
"absoluten Ich", mit dem "absoluten Wir" Marats ins Gespräch
gebracht, führt eine Kontroverse über die Französische Revolution vor -
zensiert vom Direktor der Irrenanstalt.(Depot)
Die Dreigroschenoper
von Bertolt Brecht, Musik: Kurt
Weill
Die Tochter des Königs der
Bettler will einen berüchtigten Gesetzesbrecher heiraten. Vater aber hat andere
Pläne für sein Töchterchen. Was also tut er... (Katakombe)
Landschaft
von Harold Pinter
Zwei Personen hängen ihren
Erinnerungen nach. Ein Realist und eine Schwärmerin. Kneipe und Beruf gegen
etwas Traum von der Liebe. (Goethe Theater)
Letzte Aktualisierung dieser Seite 17.02.01